Von Isabelle Walker auf 23.11.2020
Kategorie: Ob-/Nidwalden

Arbeiten in Corona Zeiten

Ein Denkanstoss von Thomas Wallimann-Sasaki, Sozialethiker und Präsident Syna OW/NW

Gleich vorweg: Ich gehöre zu den privilegierten Arbeitenden in dieser Zeit der Pandemie. Schon vorher konnte ich vieles zu Hause erledigen und unser kleines Team bei «ethik22» hat sich schon vor der Pandemie nur sporadisch getroffen, um Absprachen zu machen und Projekte vorzubereiten. Mit der Pandemie und zoom änderte sich für uns daher gar nicht so wahnsinnig viel. Seit März haben wir uns als Team nie mehr bei einem Café getroffen, doch unsere zoom-Treffen dauern oft länger als geplant und nebst den Themen, z.B. die Gestaltung einer neuen Ausgabe unseres Magazins, bleibt viel Zeit für Persönliches.

Auch meine Vorlesungen habe ich ab Anfang April wie auch jetzt wieder seit 4 Wochen über zoom. Da hören mir scheinbar mehr Studierende zu – jedenfalls sehe ich, dass sie eingeloggt sind. Doch mir fehlt der direkte Austausch. Die Kameras sind häufig ausgeschaltet und so habe ich keine Ahnung, ob mein Witz ein Schmunzeln ausgelöst hat.

Und dann erinnere ich mich an einen Kollegen in einer sehr grossen Schweizer Firma. Er erzählt, dass er als Leiter einer Abteilung plötzlich wahrnahm, dass er die neue Mitarbeiterin seit einer Woche nicht mehr direkt gesprochen hatte. War ihm vorher nie passiert, weil er bei Arbeitsbeginn jeweils alle grüsste, wenn er ins Büro kam. Mit zoom fiel dies plötzlich weg. Er musste sich eine neue Aufgabe ins Notizbuch schreiben: Zoom-Kontakt mit neuer Mitarbeiterin.

Mich aber bewegt eine weitere Frage: Wie tragen wir Sorge zu unseren Beziehungen am Arbeitsplatz. So viel Kleines passiert doch jeweils vor Ort, wenn wir einander grüssen, zunicken, den Kopf schütteln, eine kurze Frage zum Wochenende stellen oder über ein Fussballresultat fachsimplen. Es sind alles kleine Dinge, fast wie die kleinen Tätigkeiten beim Unterhalt eines Bahnwagons. Droht mit zoom das Gleiche wie bei der SBB? Man hatte damals diese "unnötigen" kleinen Arbeiten aus Effizienz- und Kostengründen gestrichen. Heute wissen wir, dass damit die Probleme im Materialpark von heute begannen. Was, wenn die "zoom-Effizienz" ähnlich auf unsere zwischenmenschlichen Beziehungen wirkt? Wie tragen wir heute schon Sorge zueinander und wie erinnern wir uns und auch Arbeitgebende daran, dass Arbeitsqualität mehr als Effizienz ist?

Thomas Wallimann