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Schubladen mit besonderem Inhalt

Manchmal ist erschreckend, wie Menschen zur Beurteilung und/oder Einschätzung anderer ihre Schubladen aufmachen. Ein paar zur Meinung des Gegenübers konfrontative Sätze sagen – und schon: schwupps, du bist doch so einer. Durfte ich kürzlich wieder mal erfahren. Und zwar nicht zwingend in einem 1:1-Gespräch, sondern vor möglichst vielen Leuten und volumenmässig so, dass es alle vernehmen konnten: «Du bist ein linker Journalist.» Was gibts Schlimmeres als dies? Ringsherum kurzes Totalschweigen. Wie fällt das Kontra aus?

Ist ja nicht das erste Mal. Man weiss ungefähr, wie dem zu begegnen ist. «Es gibt Leute, die so weit rechts stehen, dass alles, was sich bewegt, zwangsläufig links sein muss» tönt nicht zwingend beschwichtigend. Eher in diese Richtung geht der anatomische Fakt, dass auch «die Rechten» ihr Herz auf der linken Seite platziert haben. Dem Herz spricht man normalerweise nicht nüchtern-kalt verstandgeleitete Gefühle zu; es ist nicht allein nur eine zugleich hoch komplexe wie simpel einfach funktionierende Blutpumpmaschine.
Muss mir dann auch noch – wieder im kleinen Kreis – anhören, dass ich zu den «linken Gutmenschen» gehöre. Aha. Also ein ein bisschen naiver. Ein Weltverbesserer. Und bekanntermassen sind Linke sowieso jene, die «die Rechten» arbeiten und malochen lassen und nur darauf warten, dass sie das Geld mit beiden Händen und Füssen aus dem Fenster schmeissen können. Steht so in der Schublade.
Mir bleibt zu staunen, wie gross diese ist. Das Zitieren von Floskeln und Klischees verhindert, auch nur über ein Thema konkreter zu diskutieren. Schon nach zwei, höchstens drei gesprochenen Sätzen fährt das Gegenüber wieder den verbalen Säbel aus. Die Quintessenz: Er will sich selber hören. Seine Welt scheint abgeschlossen intakt; andere Gedanken sind gezielte Angriffe gegen die Person.
So muss sich der so zitierte Gutmensch dann doch aus dem «Gespräch» verabschieden. Ihn provoziert der Gedanke, dass das Gegenteil von ihm eigentlich ein rechter Schlechtmensch sein müsse. Aber bitte kein Wirrwarr: So gut wie abgeschlossen sicher steht fest, dass es keine linken Schlechtmenschen und ergo keine rechten Gutmenschen geben kann. So wollen es die Schubladen, und in beiden Fällen kommen – einfach wort-aussagend – «die Rechten» nicht gut weg.

Bruno Füchslin
Aktuar ROZ, Höfe/Print, Ü60-Bewegung
bfoxli@bluewin.ch

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