Skip to main content

Menschen in der Corona-Krise – Leben und Arbeiten im Ausnahmezustand

Syna ist auch jetzt nah bei ihren Mitgliedern! – Ramona Riedener, Medienbeauftragte Syna Ostschweiz im Gespräch mit Michael Preiss aus Bottighofen TG.

Michael Preiss ist Hauswart bei der Primarschulgemeinde Münsterlingen in Landschlacht. Der 55-jährige Familienvater von zwei erwachsenen Kindern hat Möbelschreiner gelernt und langjährige Berufserfahrungen gesammelt, bevor er einen beruflichen Richtungswechsel einschlug. Er berichtet von seinem aktuellen Arbeitsalltag, wo normalerweise rund 130 Kinder vom Kindergarten bis zur 6. Primarklasse die Schulbank drücken.

Wie geht es dir heute am Arbeitsplatz?

Michael Preiss: „Es geht mir sehr gut am Arbeitsplatz. Am Anfang der Krise haben sich die Ereignisse überschlagen. Von allen Seiten sind «gute Ideen» an mich herangetragen worden. Doch beim genaueren betrachten, stellten sie sich als nicht praktizierbar heraus."

Wie erlebst du aktuell deinen Arbeitsalltag?

Michael: „Aktuell werden noch keine Kinder in der Schule unterrichtet. Sie kommen einmal, höchstens zweimal in der Woche vorbei, um Material und Aufgaben abzuholen und wieder zu bringen. Dadurch haben sich meine täglichen Arbeiten natürlich verändert. Vor der Krise hatten wir einen fast familiären Umgang im Team. Durch die Anordnungen des Bundesrates und die Unsicherheiten, die dadurch entstanden sind, hat sich das geändert. Teils Leute meiden den Pausenraum, wenn sich dort mehrere Leute aufhalten."

Was hat sich verändert seit der Corona-Regelungen?

Michael: „Wir haben die Situation genutzt, um Dinge zu machen, wofür wir im normalen Alltag keine Zeit finden und dadurch in Vergessenheit geraten sind, wie aufräumen und Sachen reinigen. So hat zum Beispiel eine Angestellte den gesamten Estrich entrümpelt, aufgeräumt und gereinigt. Das ist schon seit Jahren nicht mehr gemacht worden."

Wie wurden in deinem Betrieb die Massnahmen des Bundesrats umgesetzt?

Michael: „Das eine ist, dass keine Schüler mehr im Hause sind. Zum anderen achten wir darauf, dass in den Pausen, wo die Lehrkräfte ja trotzdem da sind, der nötige Abstand eingehalten werden kann. So zum Beispiel die Pausen im Freien, statt im Lehrerzimmer zu verbringen."

Was waren oder sind deine ganz persönlichen Herausforderungen/Ängste am Arbeitsplatz im Zusammenhang mit dem Corona-Virus?

Michael: „Wir haben an mehreren Orten zusätzlich Papierhandtücher bereitgestellt. Dort wo das Händewaschen nicht möglich ist, weil kein Lavabo in der Nähe ist, stehen jetzt Desinfektionsspender für die Lehrpersonen zur Verfügung. Ausserdem reinigen wir jetzt Türgriffe und Handläufe viel häufiger. Die Schüler sollten die Hände nur waschen, nicht desinfizieren, da die Haut zu empfindlich ist. Ich versuche die Vorgaben meiner Vorgesetzten bestmöglich und mit gesundem Menschenverstand umzusetzen. Dabei sind mir pragmatische Lösungen wichtig. Angst vor dem Virus habe ich persönlich nicht."

Hat dein Arbeitgeber Rücksicht genommen auf deine speziellen Bedürfnisse?

Michael: „Als Angestellte der öffentlichen Hand sind wir sicherlich in einer privilegierten Situation. Unser kleines Team arbeitet perfekt zusammen. Spezielle Bedürfnisse habe ich persönlich nicht."

Seit 27. April haben verschiedene Branchen ihre Arbeit wieder aufgenommen. Wie hat sich diese erste Lockerung auf deine Arbeit/deinen Arbeitsplatz ausgewirkt?

Michael: „Das hat sich bei uns nicht ausgewirkt."

Wenn allmählich wieder die Normalität in den Alltag zurückkehrt, wird es deiner Meinung nach auch an deinem Arbeitsplatz wieder sein wie früher?

Michael: „Betreffend die Reinigung glaube ich nicht, dass ich etwas anpassen muss. Ich hoffe sehr, dass wir uns zum Beispiel wieder mit dem Händedruck begrüssen können. Wünschenswert ist auch, dass die Eltern wieder zu den Anlässen der Kinder in die Schule kommen können."

Das Gute der Krise: Was ist das Positive, was du daraus für deine Arbeit mit in die Zukunft nimmst?

Michael: „Ich finde, dass durch die Krise die Leute wieder bewusster einkaufen und darauf schauen, woher das Produkt kommt. Ich persönlich werde einige Erfahrungen aus der Corona-Zeit mit in die Zukunft nehmen. Wir mussten hier an der Schule einige Male improvisieren. Doch ich denke, die Lehrkräfte und alle weiteren Angestellten haben einen guten Job gemacht."