Von Migmar Dhakyel auf 24.5.2020
Kategorie: Branchen

Bessere Arbeitsbedingungen, für alle!

Im Gesundheitswesen arbeiten manche 13-Stunden-Schichten, während andere keine Arbeit mehr finden und nicht einmal Kurzarbeitsentschädigungen erhalten. Das geht nicht! Ein nationaler GAV ist deshalb dringend nötig.

​Das Bild der Pflegerin mit der Maske im Gesicht ist für uns alle Sinnbild der Rettung aus dieser Krise geworden. Für das Pflegepersonal haben wir geklatscht. Jetzt wird aber klar, dass die Arbeitnehmenden einmal mehr die Verliererinnen und Verlierer sind:

Keine Arbeit mehr … 

«Als ich mit dem RAV telefoniert habe, fragte ich die Frau: Wo bleibt nun euer Applaus?»

diplomierte Pflegefachfrau

«Alle sprechen vom Mangel am Pflegepersonal, während uns die Arbeit weggenommen wird!» Frau Müller* ist aufgeregt, als sie uns von der Situation im Spital berichtet, in dem sie als diplomierte Pflegefachfrau arbeitet. Sie gehört zu den Temporär-Angestellten, deren Einsätze durch eine Agentur vermittelt werden. Das ist im Gesundheitswesen gängige Praxis, um Kosten einzusparen und Leute flexibler einsetzen zu können.
«Seit die Armee mobilisiert wurde, gibt es noch weniger Arbeit, und Einsatzverträge wurden gestrichen», berichtet Frau Müller. «Den halben Tag sind wir nun am Putzen oder verrichten andere Arbeiten. Doch jetzt schickt man uns nach Hause, einigen meiner Kolleginnen wurde gekündigt.» Diese Temporär-Angestellten werden wahrscheinlich nicht einmal Kurzarbeitsgeld erhalten, denn ihre Einsatzverträge werden monatlich vereinbart. «Als ich mit dem RAV telefoniert habe, fragte ich die Frau: Wo bleibt nun euer Applaus?»

*Name geändert. Frau Müller kennt eine Pflegefachfrau und Abteilungsleiterin, der aufgrund ihres gewerkschaftlichen Engagements gekündigt wurde.

… oder Arbeiten bis zum Umfallen? 

Vor wenigen Wochen hat der Bundesrat die Arbeitszeit- und Ruheverordnung in Spitälern ausgesetzt – und begründet dies mit der Mehrarbeit. Das hat Syna kritisiert, denn so kann man legal Pflegekräfte auf der Intensivstation in 13-Stunden-Schichten arbeiten lassen, ohne neues Personal einstellen zu müssen. Es ist paradox: Während mancherorts Pflegerinnen und Pfleger um ihre Arbeit bangen, muss anderorts das Personal Einsätze leisten bis zum Umfallen.

Wenig attraktiv, nichts für Fachkräfte 

Eine Pflegefachfrau verliess die Intensivstation trotz ihrer Weiterbildung in Intensivpflege rasch wieder: «2 oder 3 Wochenenden pro Monat arbeiten? Nein, danke!» Viele verlassen den Beruf ganz, weil Arbeitsbedingungen und Löhne einfach zu schlecht sind. Der Fachkräftemangel ist bereits da und wird sich in naher Zukunft drastisch verschlimmern. Gemäss wissenschaftlichen Schätzungen werden in der Schweiz bis 2030 rund 65 000 Fachkräfte in der Pflege fehlen.
Der Fachkräftemangel und auch die Paniksituation, die wir nun im Zusammenhang mit dem Coronavirus erlebt haben, sind Konsequenzen einer verfehlten Gesundheitspolitik: Die letzten Jahre war man damit beschäftigt, die Gesundheitseinrichtungen zu privatisieren – zum Teil mit verheerenden Folgen für das Personal. Auf dessen Buckel führte man Sparmassnahmen ein, für die wir alle nun in dieser Krise teuer bezahlen.

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