Von Syna auf 17.5.2024
Kategorie: Syna Magazin

Die Prämien-Entlastungs-Initiative

Véronique Rebetez, die Leiterin Sozialpolitik bei Syna, erläutert, weshalb die Annahme der Prämien-Entlastungs-Initiative, über die wir am 9. Juni abstimmen werden, so entscheidend ist. 
Mit der Annahme der 13. AHV-Rente wurde erstmals seit langer Zeit wieder eine Initiative angenommen, welche den Sozialstaat ausbauen will. Glaubst du, das war ein Einzelerfolg oder eine Trendwende?

Ich hoffe sehr, dass es sich hierbei um eine Trendwende handelt. Die Lebenshaltungskosten sind deutlich gestiegen und immer mehr Haushalte können ihre Krankenkassenprämie, ihre Miete oder ihre Einkäufe nicht mehr bezahlen. Die Parlamentarier in Bern scheinen die Realität der Arbeitnehmenden zu ignorieren, indem sie systematisch die Lobby der Versicherungen und der Reichsten begünstigen. Die Abstimmung über die 13. Rente hat uns daran erinnert, dass im Zentrum der Wirtschaft die Arbeit steht. Arbeit muss angemessen entlöhnt werden, und die AHV-Renten sind ein Einkommen aus dieser Arbeit. 

Nun steht mit der Prämien-Entlastungs-Initiative die nächste wichtige Abstimmung an. Was verlangt die Initiative genau?

Die Initiative fordert eine Obergrenze für Krankenkassenprämien von 10 Prozent des verfügbaren Einkommens. Heute können viele Menschen ihre Krankenkassenprämien nicht mehr bezahlen. Auch wenn der Schweizer Durchschnittslohn in den Augen mancher hoch erscheint, sind die Ungleichheiten zwischen hohen und niedrigen Einkommen gross. Viele Löhne erreichen nicht einmal 4000 Franken pro Monat. Für Menschen, die wenig verdienen, sind die steigenden Krankenkassenprämien ein grosses Problem. Mit einer Deckelung der Prämienhöhe auf 10 Prozent des verfügbaren Einkommens wird verhindert, dass die Krankenkassenprämien zu einer Quelle der Verarmung werden.

Für Personen mit tiefen Einkommen gibt es bereits die Möglichkeit, beim Kanton eine Prämienverbilligung zu beantragen. Reicht dies nicht aus?

Nein, viele Menschen stellen aus Scham oder Unkenntnis des Systems keinen Antrag. Zudem entgeht ein grosser Teil der Geringverdienenden nur knapp den Zuschüssen. Oft sind es gerade diese Personen, die knapp über der Grenze liegen, welche das grösste Armutsrisiko haben. Eine Obergrenze von 10 Prozent wäre für alle gerechter.

Die Initiative führt zu Mehrausgaben beim Staat. Wie sollen diese finanziert werden?

Der Sozialstaat muss sich mit den Mitteln ausstatten, um einen angemessenen Lebensstandard für alle zu gewährleisten. Der Bund muss die übermässigen Einkommenssteigerungen der Pharmaindustrie und der Versicherer bekämpfen und bei seinen Ausgaben Prioritäten setzen. Seit der Einführung des KVG sind die Prämien in die Höhe geschnellt. Die Einkommen der Arbeitnehmenden haben nicht dieselbe Entwicklung durchlaufen. Es ist an der Zeit, dass der Bund wirklich etwas unternimmt, um den Anstieg der Krankenkassenprämien einzudämmen, und das Gesundheitssystem als Ganzes überprüft. Die Gewinne der Pharmaindustrie, der Aktionäre und der Versicherer müssen in das Gesundheitssystem zurückfliessen, um zu einer Senkung der Kosten für die Versicherten beizutragen. Derzeit verzeichnen einige von ihnen Rekordgewinne, während Haushalte ihre Krankenkassenprämien nicht bezahlen können.

Du hast es bereits angesprochen: Die Gesundheitskosten sind in den letzten Jahren stark angestiegen. Die Initiative verspricht, das Kostenwachstum im Gesundheitswesen einzudämmen, wie soll ihr das gelingen?

Bislang haben wir als Prämienzahler die steigenden Gesundheitskosten durch erhöhte Prämien getragen. Der bedeutende Vorteil der Initiative liegt darin, dass dieser Kostendruck nun auf den Bund übertragen wird. Denn bei Annahme muss der Bund zwei Drittel der Kosten für Prämienverbilligungen übernehmen. Dadurch wird er dazu angeregt, endlich Massnahmen zur Kostensenkung zu ergreifen. Es liegt in seiner Verantwortung, sicherzustellen, dass jeder Zugang zu angemessener Gesundheitsversorgung hat. Angesichts der alternden Bevölkerung ist es notwendig, dass der Staat Lösungen findet, um den Anstieg der Gesundheitskosten einzudämmen. 

Wo siehst du Sparpotenzial im Gesundheitsbereich?

In der Schweiz sind die Medikamentenpreise signifikant höher als im Ausland, beispielsweise sind Generika um 45,5 Prozent teurer. Ausserdem sind in den letzten Jahren vor allem die Kosten für spezialisierte medizinische Leistungen stark gestiegen, während die Ausgaben für die Grundversorgung stagniert haben. Es ist dringend erforderlich, bessere Tarifstrukturen in der Grundversorgung einzuführen, um sicherzustellen, dass Spezialisten nur in wirklich notwendigen Fällen konsultiert werden. Des Weiteren ist eine verbesserte Koordination in der Pflege entscheidend, um Übermedikation zu vermeiden. In diesem Zusammenhang ist auch die rasche Umsetzung der Pflegeinitiative von grosser Bedeutung. Die Schweiz zeichnet sich durch ihren Pragmatismus aus. Durch eine Annahme der Initiative würden alle Parteien dazu angehalten, gemeinsam Lösungen zur Kostensenkung zu erarbeiten, die allen zugutekommen. Denn die AHV-Abstimmungen am 3. März haben gezeigt, dass der Bundesrat Lösungen vorschlagen muss, die für alle, nicht nur für einige, akzeptabel sind. 

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