JA zur Wahrung der Rechte der Arbeitnehmenden!
Die Volksinitiative «gegen fremde Richter» verlangt, dass das Verfassungsrecht künftig über dem Völkerrecht steht. In der Praxis wäre die Schweiz bei einer Annahme dieser Initiative gezwungen, verschiedene internationale Verträge zu kündigen.
Heute schützt das Völkerrecht die Arbeitnehmenden vor Angriffen auf die Grundrechte.
Die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK), die von der Schweiz ratifizierten Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) und weitere internationale Abkommen enthalten weitgehende arbeitsrechtliche Bestimmungen.
Das Völkerrecht ist auch der Grundpfeiler, auf dem zahlreiche im Laufe der letzten Jahrzehnte errungene Rechte basieren.
Welche Folgen hätte die Annahme der Initiative für die Arbeitnehmenden?
Würde in Zukunft eine Volksinitiative angenommen, die mit einzelnen oder mehreren Grundrechten der Arbeitnehmenden unvereinbar ist, so müssten die betroffenen internationalen Abkommen ebenfalls gekündigt werden. Damit würde der Schutz der Arbeitnehmenden stark geschwächt.Die 3 wichtigsten Argumente für ein NEIN
- Die in der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und in den Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) festgeschriebenen Grundrechte umfassen Arbeitnehmerrechte wie das Vereinigungsrecht, die Zutritts- und Auskunftsrechte am Arbeitsplatz, die Gleichstellung von Mann und Frau sowie den Schutz vor missbräuchlichen Kündigungen im Zusammenhang mit der gewerkschaftlichen Tätigkeit.
Die Initiative bedroht die Rechte der Arbeitnehmenden und ist abzulehnen. - Zahlreiche erworbene Rechte wie etwa der Mutterschaftsurlaub wurden durch das Völkerrecht angeregt und gestärkt. Heute gilt es, diese völkerrechtlich garantierten Rechte zu verteidigen. Seit die Schweiz die EMRK ratifiziert hat, sind die meisten der darin festgeschriebenen Rechte und Freiheiten auch in der Bundesverfassung verankert worden.
Das Völkerrecht ist also bei weitem kein fremdes Recht, sondern ein integriertes Recht, das Schweizer Recht stärkt. - Die internationalen Beziehungen der Schweiz sind im heutigen globalisierten Umfeld von zentraler Bedeutung, sowohl für die Wahrung der individuellen Rechte als auch mit Blick auf die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt.
Es braucht ein Nein zur Initiative, um negative Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt zu vermeiden.
2 Beispiele, wie das Völkerrecht die Arbeitnehmenden schützt
* Die Namen und Fälle sind fiktiv.
Die Ausgangslage: Martin Steiner*, 60, hat mehrere Jahre in einem landwirtschaftlichen Betrieb in der Schweiz gearbeitet und beschliesst, den Beruf zu wechseln und im Baugewerbe zu arbeiten. Kurz vor der Pensionierung erkrankt er; sein Arzt diagnostiziert ein Krebsleiden, das mit dem Einsatz einer chemischen Substanz in Verbindung gebracht wird. Der Einsatz der betreffenden Substanz war zu der Zeit, als er im Landwirtschaftsbetrieb tätig war, nicht verboten. Wissenschaftler haben jedoch kürzlich herausgefunden, dass sie die Ursache für zahlreiche Krebserkrankungen ist, die erst Jahre nach dem Kontakt mit der pathogenen Substanz diagnostiziert werden können. Martin Steiner und weitere Betroffene wollen vor Gericht ziehen, werden aber mit Verweis auf das Verjährungs- und Verwirkungsrecht abgewiesen.
Anwendbares internationals Recht: Recht auf ein faires Verfahren – Art. 6 § 1 EMRK
Mögliche Handlungsoptionen: Im Fall des krebserregenden Baustoffs Asbest, der vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) im Jahr 2014 beurteilt wurde, hielten die Richter fest, dass der Umstand, dass eine Person erwiesenermassen nicht wissen kann, dass sie an einer bestimmten Krankheit leidet, bei der Berechnung der Verjährungs- bzw. Verwirkungsfrist berücksichtigt werden muss.
Unter Bezugnahme auf dieses Urteil (Fall Howald Moor) können Martin Steiner und alle anderen betroffenen Personen, die mit dem chemischen Produkt in Berührung kamen, verlangen, dass die Verjährungsfrist aufgehoben und ihre Schadenersatzklage gegen den Arbeitgeber und die nationalen Behörden berücksichtigt wird.
Die Ausgangslage: Amélie Bernasconi*, 25, findet eine Arbeitsstelle in einem Handelsunternehmen, das Produkte und telefonische Beratung in der ganzen Schweiz anbietet und vertreibt. Einige Zeit später erfahren Amélie und ihre Arbeitskolleginnen, dass ihr Arbeitgeber ein neu entwickeltes Laser-Videoüberwachungssystem installieren möchte, das es erlauben würde, nicht nur alle Telefongespräche, sondern auch sämtliche Aktivitäten der Mitarbeitenden im Büro aufzuzeichnen.
Anwendbares internationales Recht: Recht auf Achtung des Privat- und Familienleben – Art. 8 EMRK
Mögliche Handlungsoptionen: Das Völkerrecht garantiert das Recht auf Privatsphäre. Auch das Schweizer Arbeitsrecht sieht ein Verbot von Überwachungs- oder Kontrollsystemen vor, die das Verhalten der Arbeitnehmenden am Arbeitsplatz überwachen.
Amélie und ihre Arbeitskolleginnen dürfen sich also zu Recht die Frage stellen, ob die zur Überwachung eingesetzten Mittel im Kontext ihrer Arbeit verhältnismässig und notwendig sind, da damit ihre Privatsphäre tangiert wird. Sie können bei den zuständigen Schweizer Gerichten und danach beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) Klage einreichen und die Wahrung ihrer Grundrechte einfordern. Ausserdem kann der EGMR feststellen, ob die schweizerische Gesetzgebung hinreichend präzise ist, um solche Überwachungsmassnahmen zuzulassen oder nicht.