Von Syna auf 24.2.2020
Kategorie: Politik

Nicht Grenzen schliessen, sondern Löhne schützen

Wirtschaften ist immer grenzüberschreitend. Mit starker Sozialpartnerschaft, Gesamtarbeitsverträgen (GAV) und wirksamen flankierenden Massnahmen (FlaM) ist dies auch für die Arbeitnehmenden zum Vorteil. Deshalb wären diese bei einer Annahme der SVP-«Kündigungsinitiative» die Verliererinnen und Verlierer.

Die Schweizer Wirtschaft ist immer auch global. Dies gilt im Besonderen für unsere Grenzkantone. Denn sie gehören zu regionalen Wirtschaftsräumen, die sich nur sehr bedingt um Landesgrenzen kümmern: Austausch ist an der Tagesordnung. Mit der Europäischen Union (EU), der für die Schweiz mit Abstand wichtigsten Handelspartnerin, ist dieser Austausch mit einer Vielzahl von Verträgen in den bilateralen Abkommen umfassend geregelt. Diese stärken unsere Beziehungen zu den Europäischen Nachbarländern.

Dazu gehört auch die Personenfreizügigkeit (PFZ), die vor 18 Jahren in Kraft getreten ist. Dank ihr können Bürgerinnen und Bürger der Schweiz und der EU sowie deren Familien ihren Aufenthaltsort und ihren Arbeitsplatz unter gewissen Bedingungen frei wählen. Damit wurde auch das unsoziale wie diskriminierende Saisonnierstatut aufgehoben. Mit den FlaM wird zudem sichergestellt, dass Löhne und Arbeitsbedingungen effektiv kontrolliert werden.

Aus Sicht der Gewerkschaften müssen das Verhältnis zur EU drei Grundsätze prägen, die sich gegenseitig bedingen: Geregelte Beziehungen zu Europa stärken den Wirtschaftsstandort Schweiz und sichern Arbeitsplätze. Die PFZ hat die diskriminierende Kontingentierung der Zuwanderung beendet, das muss so bleiben. Und mit eigenständigen FlaM müssen Löhne und Arbeitsbedingungen geschützt werden.

Wie sieht die spezifische Situation in den Grenzregionen aus? Die Konjunkturforschungsstelle der ETH (KOF) hat untersucht, wie sich die PFZ auf die Beschäftigung auswirkt. Sie kommt zum Schluss, dass die grenznahen Unternehmen substanziell profitiert haben. Denn dank dem Zugang zu Arbeitskräften seien Unternehmen nahe der Landesgrenze stärker gewachsen als grenzferne Firmen: «Es wurden Jobs geschaffen, die ohne die Personenfreizügigkeit gar nie in der Schweiz entstanden wären.» Und davon haben nicht zuletzt auch die inländischen Arbeitnehmenden profitiert.

Ob Tessin, Region Genf, Nordwest- oder Ostschweiz: All diese Regionen waren schon immer sehr stark mit ihren Nachbarn jenseits der Grenze verbunden – auch wirtschaftlich. Und aus allen vier Ecken tönt es gleich: Die bilateralen Abkommen und die PFZ haben zu einer Dynamisierung dieses Austausches und des Arbeitsmarktes geführt.

Natürlich ergeben sich aus der Grenzlage auch Verunsicherungen und potenzielle Gefahren. Eine angepasste und wirksame Antwort darauf besteht aus drei Elementen:

Die SVP gefährdet mit ihrer Begrenzungsinitiative die wirtschaftliche Entwicklung der Schweiz. Ohne bilaterale Abkommen würde die Wirtschaft in unserem Land massiv geschwächt, Arbeitsplätze gingen verloren. Die Initiative zielt zudem auf die Sozialpartnerschaft und ganz direkt auf den Lohnschutz ab. Denn auch in Zukunft wird die schweizerische Volkswirtschaft stark mit dem Ausland vernetzt und mitunter auf ausländische Fachkräfte angewiesen sein. Aber ohne die bilateralen Abkommen – und damit auch ohne effektive FlaM – wären die Arbeitnehmenden nicht mehr vor Lohndumping geschützt.

Deshalb ist für uns klar: Wir müssen nicht Grenzen schliessen und mit Kontingentierung ausländische Arbeitnehmende diskriminieren, sondern wir müssen die Löhne schützen!

Weitere Auskünfte

Arno Kerst, Präsident​

Die Website der schweizerischen Gewerkschaften mit allen Referaten der heutigen Medienkonferenz:
www.jobs-und-loehne.ch

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