Von Syna auf 19.4.2022
Kategorie: Branchen

Nicht ohne uns!

Bundesrat und Parlament planen, die Pflegeinitiative ohne Beteiligung des Gesundheitspersonals umzusetzen. Damit zeigt die offizielle Schweizer Politik einmal mehr, dass sie nicht begriffen hat, wie ernst die Lage im Gesundheitswesen ist.

Es sei nicht üblich, dass eine Volksinitiative in Zusammenarbeit mit ihren Trägern umgesetzt werde, heisst es aus Bundesbern. Formell stimmt das, denn ab dem Moment der Annahme einer Volksinitiative durch die Stimmbevölkerung wird der Initiativtext zu Verfassungsrecht. Für dessen Umsetzung sind in der Schweiz allein die dafür durch die gleiche Verfassung bezeichneten Organe zuständig, nämlich das Parlament und der Bundesrat. Die Ausgangslage bei der Pflegeinitiative ist aber eine spezielle und eine andere als bei anderen Volksinitiativen. Diesem Umstand müssen Bundesrat und Parlament Rechnung tragen.

Keine Frage der Gleichbehandlung 

Im Artikel 117c – der mit der Pflegeinitiative in die Bundesverfassung aufgenommen wurde –geht es nicht um die klientelistische Besserstellung einer beliebigen Gruppe von Arbeitnehmenden – des Gesundheitspersonals – zu Lasten von anderen. Bundesrat und einer Mehrheit im Parlament zufolge ging es den Initianten aber genau darum und sie sind deshalb nicht bereit, dem Gesundheitspersonal einseitige Privilegien zu gewähren. Das entspricht durchaus dem staatlichen Gebot der Gleichbehandlung. Der Denkfehler dabei ist aber, dass es eben nicht darum geht, gewisse Arbeitnehmende einfach zu privilegieren, sondern dass die Gesundheitsversorgung als Teil des Service Public zusammenbrechen wird, wenn wir nicht endlich Bedingungen schaffen, unter denen die Mitarbeitenden im Gesundheitswesen gerne arbeiten. Dies hat die offizielle Politik noch immer nicht begriffen, und darf es aus ideologischen Gründen auch nicht.

Privatisierung für Profit 

Die Annahme der Pflegeinitiative war ein klares Zeichen der Stimmbevölkerung, dass sie die von Bundesrat und Parlament betriebene Gesundheitspolitik der vergangenen 20 Jahre nicht mehr mitträgt. Die Auslagerung der früher staatlichen Gesundheitsversorgung an private gewinnorientierte Unternehmen hat überall zu einem Abbau an Qualität und gleichzeitig zu steigenden Preisen geführt. Keines der damals gemachten Versprechen konnte das privatisierte Schweizer Gesundheitswesen einlösen. Und das wussten auch alle. Denn es ging gar nicht darum, eine gute Gesundheitsversorgung für alle zu gewährleisten, sondern darum, das Gesundheitswesen für private Gewinne zu öffnen. Doch sie haben die Rechnung buchstäblich ohne den Wirt gemacht: nämlich ohne das Gesundheitspersonal. Dass sich dieses gewehrt und von der Stimmbevölkerung Recht bekommen hat, ist für Bundesbern eine tiefe Kränkung. Entsprechend ist das Verhalten.

Minimale Umsetzung der Pflegeinitiative erwartet

Für Bundesrat und Parlament ist das Gesundheitspersonal einfach eine beliebige Gruppe von Arbeitnehmenden ohne höhere Bedeutung für unsere Gesellschaft. Sie haben sich vom Gedanken eines Gesundheitswesens als Service Public verabschiedet. Entsprechend werden sie nur das absolute Minimum tun, um die Pflegeinitiative umzusetzen und primär Symptombekämpfung betreiben. Mit dem Ausschluss des Gesundheitspersonals aus der Umsetzung der Pflegeinitiative zeigen Bundesrat und Parlament dies eindeutig auf. Für Syna ist klar: Dem Gesundheitspersonal muss von der Politik endlich aktiv zugehört und seine Probleme und Forderungen ernst genommen werden. Noch ist es nicht so, und umso wichtiger bleibt es, dass wir alle den Druck aufrechterhalten und kämpferisch bleiben.

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