Im Auftrag des Bundesrats haben die Sozialpartner eine Reform für die berufliche Vorsorge verhandelt, die für beide – Arbeitnehmende und Arbeitgebende – gangbar ist. Nun entscheidet das Parlament über den Kompromiss.
Für die Syna-Mitglieder hat unser Dachverband Travail.Suisse an der Reform mitgearbeitet. Und wir sind überzeugt: Die Lösung sichert den Arbeitnehmenden die Renten zu einem akzeptablen Preis. Für Anpassungen besteht aber kein Spielraum.
Im Auftrag des Bundesrats
Es ist ein ungewöhnlicher Auftrag, den die Sozialpartner 2018 vom Bundesrat erhalten: Sie sollen einen Kompromissvorschlag für die Reform der beruflichen Vorsorge erarbeiten. Eine Reform ist notwendig, weil die Finanzmärkte immer weniger Ertrag hergeben und die Menschen gleichzeitig immer älter werden. Zudem scheiterte in den letzten 15 Jahren jede Reform der Altersvorsorge in der Volksabstimmung.
Gelebte Sozialpartnerschaft
Natürlich ist es kein Zufall, dass die Sozialpartner diesen Auftrag gefasst haben. Schliesslich ist die berufliche Vorsorge eines der besten Beispiele einer gelebten Sozialpartnerschaft: In jeder Pensionskasse bestehen die Stiftungsräte zur Hälfte aus Vertretern von Arbeitnehmenden und Arbeitgebenden.
Ein ausgewogener Kompromiss
Im Sommer 2019 präsentierten der Arbeitgeberverband, der Gewerkschaftsbund und Travail.Suisse der Öffentlichkeit ihren Vorschlag. Nicht bereit zum Kompromiss war einzig der Gewerbeverband, der lieber sein eigenes Modell vorstellte.
Eins vorweg: Dieser Kompromiss ist ein Verhandlungs- und kein Wunschergebnis. Doch die Vorteile überwiegen bei weitem. So bringt die Reform den Arbeitnehmenden neben einer schlechten mindestens vier gute Nachrichten:
- Die schlechte Nachricht zuerst: Es muss mehr gespart werden. Weil die Finanzmärkte weniger Rendite liefern, muss der Umwandlungssatz gesenkt werden. Das heisst, die meisten Versicherten zahlen für gleich viel Rente mehr ein.
- gute Nachricht: Die Renten werden dank der Reform gesichert und bleiben stabil.
- gute Nachricht: Arbeitnehmende mit tiefen Einkommen und Teilzeitangestellte erhalten mehr Geld. So kann endlich auch die katastrophale Rentensituation der Frauen verbessert werden!
- gute Nachricht: Hohe Einkommen bezahlen deutlich mehr. Die Reform beinhaltet einen Rentenzuschlag, finanziert über je 0,25 Prozent des Jahreseinkommens für die Arbeitnehmenden und die Arbeitgeber. Das belastet hohe Einkommen deutlich mehr als tiefe und mittlere. Ein entscheidendes Argument für die Reform!
- gute Nachricht: Für ältere Arbeitnehmende sinkt die Last. Mit der Reform sollen die Pensionskassenbeiträge für ältere Mitarbeitende gegenüber den jüngeren weniger stark steigen. Das verbessert nicht zuletzt die Chancen älterer Arbeitnehmender auf dem Arbeitsmarkt.
Parlament muss Verantwortung wahrnehmen
Das Parlament wird nun über die Reform diskutieren und entscheiden, ob der Kompromiss umgesetzt wird oder ob noch Anpassungen erfolgen sollen. Aus unserer Sicht ist der Vorschlag aber ausgewogen – weitere Anpassungen würden dieses Gleichgewicht zerstören. Das Parlament muss nun seine Verantwortung wahrnehmen: Es kann die Blockade in der Altersvorsorge dank unserem Kompromiss endlich lösen.
Was bedeutet die Reform konkret für mich?
Folgende Beispiele zeigen, welche Auswirkungen die Reform konkret haben wird. Dabei werden die Zinsen auf dem Kapital nicht berücksichtigt – die Renten werden also noch etwas höher ausfallen.
Teilzeit, tiefes Einkommen:
- Alter: 57, Teilzeit 70%, Lohn: 3000 Franken im Monat
- Bisher bezahlt: 1360 Franken pro Jahr / 115 Franken pro Monat
- Neu zu bezahlen mit Kompromiss: 2030 Franken pro Jahr / 170 Franken pro Monat
- Bisherige Rente aus der beruflichen Vorsorge (ohne AHV): 5140 Franken pro Jahr / 430 Franken pro Monat
- Neue Rente aus der beruflichen Vorsorge: 6900 Franken pro Jahr / 575 Franken pro Monat
Vollzeit, mittleres Einkommen
- Alter: 57, Vollzeit, Lohn 6500 Franken im Monat
- Bisher bezahlt: 5440 Franken pro Jahr / 450 Franken pro Monat
- Neu zu bezahlen mit Kompromiss: 5320 Franken pro Jahr / 445 Franken pro Monat
- Bisherige Rente aus der beruflichen Vorsorge (ohne AHV): 20 440 Franken pro Jahr / 1700 Franken pro Monat
- Neue Rente aus der beruflichen Vorsorge gemäss Kompromiss: 20 000 Franken pro Jahr / 1670 Franken pro Monat
Teilzeit, mittleres Einkommen
- Alter: 25, Lohn 4600 Franken pro Monat
- Bisher bezahlt: 1230 Franken pro Jahr / 103 Franken pro Monat
- Neu zu bezahlen mit Kompromiss: 2140 Franken pro Jahr / 180 Franken pro Monat
- Bisherige Rente aus der beruflichen Vorsorge (ohne AHV): 11 940 Franken pro Jahr / 995 Franken pro Monat
- Neue Rente aus der beruflichen Vorsorge gemäss Kompromiss: 14 330 Franken pro Jahr / 1195 Franken pro Monat inkl. 100 Franken Rentenzuschlag
Der Kompromiss in Kürze:
- Kürzung Umwandlungssatz von 6,8% auf 6%
- Halbierung Koordinationsabzug von 24 885 Franken auf 12 443 Franken
- Anpassung der Sparbeiträge: Erhöhung bei 25- bis 34-Jährigen von 7% auf 9%, Senkung bei den 55- bis 65-Jährigen von 18% auf 14%
- Einführung eines dauerhaften, solidarisch finanzierten Rentenzuschlags: finanziert über Lohnbeitrag für Versicherte bis zum Lohn von 853 200 Franken von je 0,25% (Arbeitgebende und Arbeitnehmende, fixer Zuschlag auf alle Renten)