Seit Anfang Jahr stehen 15 000 Schreinerinnen und Schreiner ohne Gesamtarbeitsvertrag (GAV) da. Die Schuld daran trägt der Schreinermeisterverband: Mit seinem klaren Wortbruch hat er die Misere verursacht.
Eigentlich lief alles rund: Im Frühsommer 2020 einigten sich die Sozialpartner im Schreinergewerbe auf einen neuen GAV ab 2022. Zudem sollten die Angestellten zukünftig von einem Vorruhestandsmodell (VRM) profitieren (siehe Box). Im Gegenzug hatten die Gewerkschaften Zugeständnisse im GAV gemacht. Aus beidem wurde ein Paket geschnürt, das nur als Ganzes gelten sollte – so die Vereinbarung. Unsere Mitglieder und jene der Gewerkschaft Unia sagten einstimmig Ja dazu.Doch die Schreinermeister hielten sich nicht an ihr Wort und stimmten Ende Jahr über beide Verträge separat ab. Der GAV wurde angenommen, das VRM hingegen abgelehnt. Damit provozierte der Arbeitgeberverband den aktuellen vertragslosen Zustand in seiner Branche.
Keine einseitigen Kompromisse
Der fehlende GAV hat gravierende Konsequenzen für die Branche: Vereinbarungen zu Arbeitszeit, Ferien oder Mindestlöhnen sind hinfällig. Dem Missbrauch ist damit Tür und Tor geöffnet; Schreinermeister können Mitarbeitende zu Dumpinglöhnen einstellen. Ausserdem fällt ohne GAV auch die finanzielle Unterstützung von Weiterbildungen für die Angestellten der Branche weg.
Es ist klar: Diesen Zustand will niemand. Syna setzt alles daran, möglichst bald eine Einigung zu erreichen. Doch genauso klar ist: Den Wortbruch akzeptieren dürfen wir nicht! Denn unsere Kompromisse im GAV waren kein einseitiges Geschenk. Zudem steht mit der Ablehnung des Vorruhestands eine zentrale Errungenschaft für die Arbeitnehmenden auf dem Spiel: die Möglichkeit, sich frühzeitig pensionieren zu lassen und die berufliche Laufbahn gesund zu beenden, ohne aus gesundheitlichen Gründen vorher den Beruf wechseln zu müssen.Erfolgsmodell in Gefahr
Doch die Schreinermeister wollen ihren Angestellten plötzlich keinen vorzeitigen Ruhestand mehr gewähren. Ein Meinungsumschwung – in einer Umfrage zu Beginn der GAV-Verhandlungen hatten sich 70% der Arbeitgeber für ein VRM ausgesprochen. Mehr noch: Mit ihrem Verhalten machen die Schreinermeister negative Stimmung in anderen Branchen, in denen bereits ein Vorruhestand existiert oder über die Einführung eines solchen verhandelt wird. Damit steht ein bewährtes Modell unvermittelt auf der Kippe.Das wollen wir verhindern! Wir kämpfen für den Vorruhestand und den GAV im Schreinergewerbe. Unterstütze uns dabei!
Im Januar haben wir die Arbeitgebenden in einem Brief über den Wortbruch ihres Verbandes informiert. In den nächsten Wochen planen wir Aktionen – soweit und sobald es die gesundheitliche Lage zulässt.
Auf unserer Webseite halten wir dich darüber auf dem Laufenden. Melde dich auch für unseren SMS-Service an, damit du sofort erfährst, wenn es etwas Neues gibt: syna.ch/schreinergewerbe
Die Idee: Arbeitnehmende in körperlich anstrengenden Berufen können vor dem regulären Pensionsalter in Rente gehen oder ihr Arbeitspensum ab einem bestimmten Alter reduzieren. Die vorzeitige Rente wird solidarisch von Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden der Branche gemeinsam durch Lohnabzüge finanziert.
Syna kämpft seit 20 Jahren dafür, dass die Arbeitnehmenden dank Vorruhestand bis zum Ende ihres Berufslebens gesund bleiben. Mit Erfolg – inzwischen haben die Gewerkschaften das Modell in diversen Branchen eingeführt; so zum Beispiel im Bauhauptgewerbe, im Ausbaugewerbe, in der Gebäudehülle, im Gerüstbau oder im Maler- und Gipsergewerbe.
Im Schreinergewerbe planten die Sozialpartner ein VRM nach dem Vorbild der Maler- und Gipserbranche: mit Anrecht auf 2 Jahre volle Rente, ab dem 60. Altersjahr flexibel beziehbar in Absprache mit dem Arbeitgeber.
Mögliche Varianten:
- Wochenarbeitszeit reduzieren
- mehrere Wochen / Monate im Jahr aussetzen
- vollständige Pensionierung ab 63