Baugewerbe: genug ist genug!
Die Bauwirtschaft boomt. Und trotzdem haben die Bauarbeiter seit 4 Jahren keine Lohnerhöhung mehr erhalten. Im Gegenteil: Die Kaufkraft der Löhne wird, wie immer, auch dieses Jahr durch die höheren Krankenkassenprämien geschmälert. Umso mehr ist die Zeit reif für eine generelle Lohnerhöhung von mindestens 150 Franken.
Der Bauwirtschaft geht es ausgezeichnet, die Umsätze sind kontinuierlich gestiegen. Die Auftragsbücher sind voll – 13,7 Milliarden Franken Ende Juni 2018 – und die Firmen verdienen gutes Geld. Der Reingewinn pro Bauarbeiter ist 2016 – diese Zahlen wurden gerade letzten Monat frisch publiziert – auf 13 000 Franken pro Jahr gestiegen.
Es schien, als hätte auch der Baumeisterverband nach 4 langen Jahren endlich erkannt, dass die Zeit für eine Lohnerhöhung reif ist: Denn im August unterbreiteten sie den Gewerkschaften eine «nichtverhandelbare» Paketlösung, die eine auf den ersten Blick «grosszügige» Lohnerhöhung vorsah.
Doch das Angebot der Baumeister hat ein zu grosses Preisschild. Zwar ist die Bereitschaft, die Löhne um 150 Franken zu erhöhen, ein Schritt in die richtige Richtung. Doch die Baumeister wollen im Gegenzug den Landesmantelvertrag (LMV) verschlechtern – in einer erpresserischen Weise, welche die Bauarbeiter nicht hinnehmen werden. Sie sind bereit zu kämpfen. Für die Rente mit 60. Für eine anständige Lohnerhöhung und gegen den Kahlschlag im LMV.
Lohndumping hausgemacht
So fordern die Baumeister, dass bei einem Stellenwechsel zukünftig nicht mehr der Mindestlohn der jeweiligen Kategorie geschuldet sein soll. Das würde bedeuten, dass ein Bauarbeiter mit 25 Jahren Berufserfahrung den gleichen Lohn zugute hätte, wie ein Hilfsarbeiter an seinem ersten Arbeitstag.
Bereits heute riskieren ältere Bauarbeiter bei einem Stellenwechsel eine Lohneinbusse von 400 bis 800 Franken. Denn sie verdienen nach jahrelanger harter Arbeit in der Regel 10 bis 20% mehr als die Mindestlöhne. Bei einem Stellenwechsel können die Löhne heute auf den Mindestlohn der jeweiligen Kategorie abgesenkt werden. In begründeten Ausnahmefällen lässt der LMV heute zusätzlich – zum Beispiel, wenn jemand reduziert leistungsfähig ist – eine Reduktion der Lohnklasse zu. Künftig soll das ohne Begründung generell erlaubt sein. Massives Lohndumping und Lohnkürzungen für ältere Bauarbeiter wären die Folge.
Mehr hausgemachtes Lohndumping geht nun wirklich nicht! Das ist absolut respektlos gegenüber den hart arbeitenden Bauarbeitern, die während Jahren dieses Land gebaut haben.
Kompromiss kippen
Dieser Kompromiss ist den Baumeistern anscheinend ein so grosser Dorn im Auge, dass sie sich entschlossen haben, den Artikel nach nur kurzer Zeit wieder zu kippen. Wenn es nach den Baumeistern geht, soll zukünftig ein Bauarbeiter mit Fachkenntnissen immer in der tiefsten Lohnkategorie hängen bleiben, sofern er sich nicht weiterbildet.
Schutz bei Schlechtwetter streichen
Der Paketvorschlag des Baumeisterverbandes, den er diesen August vorgelegt hat, enthält einen weiteren inakzeptablen Punkt:
Der Schutz der Bauarbeiter bei Schlechtwetter soll ganz aus dem Vertrag gestrichen werden. Dieser ist heute zwar ungenügend, schreibt aber immerhin vor, dass die Arbeit eingestellt werden muss, wenn die Gesundheit der Bauarbeiter in Gefahr ist.
Diesen Artikel zum Schutz vor Schlechtwetter wollen die Baumeister jetzt ersatzlos streichen. Ein weiterer Angriff auf die eh schon strapazierte Gesundheit der Bauarbeiter.
Syna sagt Stopp
Auch deshalb haben die über 60 Bau-Delegierten der Gewerkschaft Syna am 29.September einstimmig beschlossen, die für den Herbst angekündigten Protestaktionen auf ausgesuchten Baustellen in der ganzen Schweiz mitzutragen. In einer weiteren Abstimmung haben sich die Delegierten jetzt schon dafür ausgesprochen, nach der Beendigung der Friedenspflicht ab Januar 2019 Streikmassnahmen durchzuführen.
Kann bis Ende Jahr in den laufenden Verhandlungen zum Landesmantelvertrag keine Einigung mit den Baumeistern erzielt werden, sind die Bau-Mitglieder von Syna somit bereit, zusammen mit der Gewerkschaft Unia für ihre Anliegen zu kämpfen:
Für die Rente mit 60. Für eine anständige Lohnerhöhung. Gegen Lohndumping und überlange Arbeitszeiten.
Weitere Informationen
Guido Schluep, Branchenleiter Bau