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Und der Druck steigt weiter

Arbeit /

Auch dieses Jahr hat Travail.Suisse im «Barometer Gute Arbeit» den Puls der Arbeitnehmenden gefühlt: Sorge machen der viele Stress, die kleineren Chancen auf dem Arbeitsmarkt und die einseitige Flexibilisierung der Arbeitszeiten.

Gute Arbeit ist zukunftsfähige Arbeit: Sie schützt die Gesundheit, motiviert und bietet Sicherheiten. Mit dem «Barometer Gute Arbeit» untersucht Travail.Suisse mittlerweile seit 4 Jahren die Qualität der Schweizer Arbeitsbedingungen. Die Studie stützt und komplettiert die Erkenntnisse, die unsere Regionalsekretariate in der täglichen Arbeit im Kontakt mit den Mitgliedern gewinnen.

Zunehmender Stress im Job 

Am schlechtesten schneiden in der aktuellen Erhebung die Arbeitsbedingungen bezüglich Stress und psychosoziale Risiken ab: 40% der Arbeitnehmenden fühlen sich oft oder sehr häufig gestresst durch ihre Arbeit. Deutlich erhöht hat sich der Anteil der Arbeitnehmenden, der dauernd gestresst ist.
Logischerweise sind genau diese Personen anfälliger für gesundheitliche Probleme wie Burn-out oder Erschöpfungsdepressionen. Damit verursacht der Stress neben grossem persönlichem Leid für Betroffene und Angehörige auch beträchtliche finanzielle und volkswirtschaftliche Kosten.

Weniger Chancen im Arbeitsmarkt

Ein zweiter Brennpunkt liegt bei den Chancen auf dem Arbeitsmarkt: Zwar fürchtet nur eine Minderheit den sofortigen Jobverlust.
Doch bei den mittelfristigen Perspektiven und der eigenen Arbeitsmarktmobilität (Möglichkeiten und Fähigkeiten, den Arbeitsplatz zu wechseln) sieht es schlechter aus. Beides wird negativ beurteilt: Über ein Viertel der Arbeitnehmenden erachtet es als möglich bis sehr wahrscheinlich, den Arbeitsplatz in den nächsten 10 Jahren aufgrund der Digitalisierung zu verlieren. Und mehr als die Hälfte glaubt kaum daran, bei Stellenverlust wieder eine vergleichbare Stelle mit entsprechendem Lohn zu finden.
Besonders alarmierend ist der stetig wachsende Anteil von Arbeitnehmenden, der für sich gar keine Chancen mehr auf dem Arbeitsmarkt sieht, während gleichzeitig der Anteil mit sehr guten Chancen immer kleiner wird (siehe Grafik 1).

Grafik 1: Abnehmende Arbeitsmarktmobilität 2015 bis 2018

Mit dieser Entwicklung muss man auch das Konzept des liberalen und flexiblen Arbeitsmarktes in der Schweiz grundsätzlich infrage stellen.
Bis jetzt wurden wenig Regulierungen und Beschränkung bei Einstellung und Entlassung mit guten Chancen auf dem Arbeitsmarkt und einer starken Arbeitslosenversicherung aufgewogen. Verschlechtert sich aber die Mobilität der Arbeitnehmenden, geht die Gleichung nicht mehr auf. Bestes Beispiel dafür sind die älteren Arbeitnehmenden, deren Situation immer problematischer wird. 

Stetige Weiterbildung 

Eine Möglichkeit, seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu erhalten und für berufliche Veränderungen gewappnet zu sein, ist die ständige Weiterbildung. Solche Weiterbildungen sind aber meist teuer und benötigen Zeit.
Deshalb sind die Arbeitgeber gefordert, ihre Mitarbeitenden darin zu unterstützen. Doch genau da hapert es gewaltig, wie der «Barometer Gute Arbeit» zeigt: Fast die Hälfte der Arbeitnehmenden wird nicht oder nur ungenügend unterstützt oder gefördert hinsichtlich möglicher Weiterbildungen. 

Einseitige Flexibilität

Die Arbeitszeiten sind ein weiterer kritischer Punkt: Arbeitnehmende erhalten immer weniger Einfluss auf die Gestaltung ihrer Arbeitszeiten. Über die letzten 4 Jahre hat der Anteil derjenigen mit sehr grossem Einfluss von 29 auf 24,5% abgenommen, während der Anteil ohne jeden Einfluss von 13,1 auf 17,8% zugenommen hat.

Doch damit nicht genug, die Arbeitgeber wollen noch weiter gehen: Sie greifen nicht nur ständig die Arbeitszeiterfassung an, sie möchten auch die Regelungen und Beschränkungen der täglichen oder wöchentlichen Maximalarbeitszeit aufweichen. So sollen die Arbeitseinsätze optimiert und der Auftragslage angepasst werden können.
Der «Barometer Gute Arbeit» zeigt deutlich, dass die Flexibilisierung der Arbeitszeiten zu oft einseitig zugunsten der Arbeitgeber ausfällt. Eine Flexibilisierung, die den Arbeitnehmenden entgegenkommt, ist hingegen für die meisten fernab der Arbeitsrealität.
Nur jeder Zweite kann spontan einen Tag freinehmen, und weniger als die Hälfte der Arbeitnehmenden kann Beginn oder Ende der Arbeitszeit selber festzulegen, um sich zum Beispiel in einem Verein zu engagieren. Und das Arbeitspensum während einiger Wochen zu reduzieren, um sich beispielsweise um einen erkrankten Angehörigen zu kümmern, ist nur rund einem Viertel der Arbeitnehmenden möglich (siehe Grafik 2).

Grafik 2: Wenig Flexibilisierung zugunsten der Arbeitnehmenden


Barometer Gute Arbeit interaktiv 

Weitere Informationen 

Der «Barometer Gute Arbeit» ist ein Kooperationsprojekt von Travail.Suisse und der Berner Fachhochschule BFH.

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