Baumeisterverband will, dass Bauarbeiter zweimal zahlen: Verantwortungsloser Frontalangriff der SBV-Führung auf die Sozialpartnerschaft
Der Schweizerische Baumeisterverband (SBV) hat heute per Medienmitteilung und in der Tagesschau schwerwiegende und völlig haltlose Vorwürfe gegen die Gewerkschaften erhoben. Mit dieser polemischen Kampagne demontiert die SBV-Führung die sozialpartnerschaftliche Zusammenarbeit in der Schweiz.
Im schweizerischen System der Sozialpartnerschaft legen Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften die Arbeitsbedingungen für rund zwei Millionen Arbeitnehmende in branchenspezifischen Gesamtarbeitsverträgen (GAV) fest. Von allgemeinverbindlichen GAV profitieren alle Arbeitgeber und Arbeitnehmenden, unabhängig davon, ob sie einem Verband angehören oder nicht. Sie garantieren Mindestlöhne und geregelte Arbeitsbedingungen und schaffen für die Firmen gleich lange Spiesse und fairen Wettbewerb.
Arbeitgeber und Arbeitnehmende sollen nicht zweimal bezahlen müssen
Die Erarbeitung und vor allem die Durchsetzung von Löhnen und Arbeitsbedingungen sowie die Gewährleistung der Weiterbildung in den Branchen ist allerdings nicht gratis zu haben. Die Kosten dafür tragen zuerst einmal die vertragsschliessenden Verbände auf Arbeitgeber- und auf Arbeitnehmendenseite bzw. deren Mitglieder. Darüber hinaus werden in den Branchen mit allgemeinverbindlichen Verträgen bei allen Firmen und Beschäftigten sogenannte Vollzugs- und Bildungsbeiträge erhoben.
Damit die einzelnen Mitglieder der Arbeitgeberverbände und der Gewerkschaften, also Firmen und Arbeitnehmende, nicht zweimal zur Kasse gebeten werden, gibt es in der Regel ein Rückerstattungssystem. In gewissen Fällen bezahlen die Mitglieder der Verbände auch gar keine Zusatzbeiträge. Der Schweizerische Baumeisterverband wendet dieses Prinzip auch in seinem eigenen Berufsbildungsfonds Bau an: Nur die Nicht-Mitglieder müssen dort einzahlen, bei den Mitgliedern ist die Leistung im Mitgliederbeitrag enthalten.
Der SBV behauptet in seiner Medienmitteilung, die Gewerkschaften würden mit den Rückerstattungen ihre eigenen Kassen füllen. Das ist schlicht falsch. Die Rückerstattungen gehen an den Bauarbeiter. Das Rückerstattungssystem ist die Basis für eine funktionierende Sozialpartnerschaft. Die Verwendung der Vollzugskostenbeiträge und der Rückerstattungen wird zudem auch jährlich vom Staatssekretariat für Wirtschaft Seco überprüft und für gesetzeskonform befunden. Sie sind also nicht nur ein bewährtes, sondern auch ein rechtlich abgesichertes Element der Sozialpartnerschaft.
SBV verschweigt tatsächliche Finanzflüsse
An den Baumeisterverband, seine Institutionen und die Firmen fliessen aus diesem System jährlich rund 25 Millionen für Bildungsleistungen zurück. Ausserdem bekommt der SBV über 5 Millionen für Leistungen im Vollzug. Insgesamt erhält er über 30 Millionen, also mehr, als alle Baufirmen zusammen überhaupt einzahlen. Die Leistungen der Gewerkschaften im Vollzug schliesslich werden mit weniger als 3 Millionen Franken abgegolten. Ergo: Ja, es gibt einen Mitteltransfer, dieser geht aber von der Arbeitnehmenden- an die Arbeitgeberseite und nicht umgekehrt.
Faktenwidrige Polemik der Baumeister
Aber den Schweizerische Baumeisterverband interessieren Fakten offensichtlich nicht. Nachdem die Baumeisterspitze in den drei letzten Verhandlungen über den Landesmantelvertrag für das Bauhauptgewerbe (LMV) mit ihren gefährlichen Abbauplänen gescheitert ist, ist ihnen nun offenbar jedes Mittel recht, um ihre Agenda durchzudrücken – auch wenn sie damit das schweizerische System der Sozialpartnerschaft gefährden.