Skip to main content

Patientenwohl muss wieder ins Zentrum

Unsere Gesundheitskosten explodieren, und es droht eine Zweiklassenmedizin. Preisüberwacher Stefan Meierhans im Interview zu den Problemen im Gesundheitswesen und möglichen Lösungsansätzen.

Das Gesundheitswesen der Schweiz wies 2017 einen Umsatz von 83 Milliarden Franken auf. Wenn man bedenkt, dass die Gesundheitskosten zu rund drei Vierteln von den Privathaushalten getragen werden, wird klar, welche Belastung dies für unser Portemonnaie bedeutet.

Kein Wunder also, wurde die Problematik auch an der diesjährigen Delegiertenversammlung der Syna-Bewegung 60+ Westschweiz thematisiert. Und dies nicht nur wegen 2 hängigen Volksinitiativen zur Prämienreduktion (eine CVP und eine SP): Auch die unverhältnismässig hohen Medikamentenpreise in der Schweiz stehen im öffentlichen Interesse. Preisüberwacher Stefan Meierhans zeigte in seinem Gastreferat Beispiele von Arzneien, die in der Schweiz über 300% teurer sind als im nordeuropäischen Durchschnitt.

Als grössten Kostentreiber nannte Meierhans jedoch die Übermedikation. Offen stellte er den Sinn von medizinischen Behandlungen in Frage, wenn Faktoren wie aktueller Zustand, erwartete Lebensdauer oder Erfolgsaussichten nicht mitberücksichtigt werden. Klar ist jedenfalls: Ohne rasche Korrekturen im Gesundheitssystem steigt die Gefahr einer Mehrklassenmedizin. Und das kann definitiv nicht im Interesse unserer Mitglieder sein!

Herr Meierhans, erkennen Sie auch die Gefahr einer Zweiklassen-Medizin in der medizinischen Grundversorgung der Schweizer Bevölkerung? 

Stefan Meierhans: Wenn wir heute nichts gegen unnötige Ausgaben – Stichworte Übertherapie, Doppeluntersuchungen oder Übermedikation – tun, dann kann sich das morgen dadurch rächen, dass der Leistungskatalog der Grundversicherung reduziert wird. Wenn wir unser solidarisches und soziales Gesundheitssystem bewahren wollen, müssen wir lieber gestern als morgen die notwendigen Korrekturen einleiten. Sonst gefährden wir das System und eine Mehrklassenmedizin wäre eine durchaus mögliche Folge.

Welches ist der Haupttreiber dieses Effekts? 

Wir haben in vielen Bereichen vor allem ein Mengenproblem: Auch wenn vereinzelt die Preise gesenkt werden können, machen zusätzliche Leistungen die Einsparungen wieder zunichte.
Das Hauptproblem sind die falschen Anreize: Wer mehr tut, verdient mehr. Damit ist im System selbst der Anreiz gelegt, immer mehr zu tun – auch wenn es möglicherweise gar nicht der Gesundheit der Patientinnen und Patienten dient.

Was halten Sie von den Versicherungsmodellen vieler Krankenkassen, Gruppenpraxen oder Vertrauensärzte anzubieten, um die Kosten in den Griff zu bekommen? 

Dagegen habe ich nichts einzuwenden. Es kann sogar zu einer besseren Gesundheitsvorsorge und -Therapie führen, weil die Patienten gleichsam geführt und unterstützt werden. Im Ausland hat man damit auch bereits sehr gute Erfahrungen gemacht.

Véronique Rebetez, Regionalverantwortliche Syna Fribourg/Neuchâtel, mit Stefan Meierhans

Ähnliche Beiträge

Cookies erleichtern die Bereitstellung unserer Dienste. Mit der Nutzung unserer Website erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies verwenden.
Weitere Informationen Ablehnen Akzeptieren