Produktivität, Löhne und Arbeitszeit: Wir fordern sie für uns!
Produktivität scheint das Wort der Stunde und das Ende des Tunnels nach der Coronakrise. Doch was kostet eine stetig gesteigerte Produktivität uns als Arbeitnehmende? Und was dürfen wir als Gegenleistung einfordern? Ein Kommentar von Claudia Stöckli, Mitglied der Syna-Geschäftsleitung.
Schon mehr als 2 Jahre ist es her, als die Schweiz den Lockdown verordnet bekam. Erinnerst du dich? Ich fand es schaurig und schön zugleich. Diese Ruhe draussen und das viele zu Hause sein lagen auf der schönen Seite. Schaurig kam es mir vor, dass die Welt still zu stehen schien. Ganz tief in unseren Köpfen ist nämlich verankert: Es braucht Bewegung, damit die Produktivität hoch bleibt und immer weiter steigt. Nur dann scheint die Wirtschaft das herzugeben, was wir von ihr fordern: steigende Löhne und tiefe Arbeitslosenzahlen.
In die Angestellten investieren
Die Berechnung von Produktivität ist einfach: Sie ist das Verhältnis von Input und Output, von Aufwand und Ertrag. Im besten Fall ist das Resultat positiv, im schlechten Fall negativ. Nur wenig komplizierter wird es, wenn wir die Wirkung der gesteigerten Produktivität anschauen und für uns nutzen möchten. Machen wir ein Beispiel: Stellen 3 Menschen 10 Fahrräder pro Stunde her, dann schafft 1 Maschine dieselbe Menge an Fahrräder in 30 Minuten. «Sehr gut», denken wir, «das ist ja eine Verdoppelung des Outputs» und somit ganz in unserem Sinn als Arbeitnehmende. Denn wenn eine Maschine doppelt so schnell arbeitet wie ein Mensch und dabei keinen Lohn bezieht, so kann dieser gesteigerte Ertrag bei gleichbleibendem Aufwand direkt in uns investiert werden. Natürlich müssen eine gewisse Investition in die Maschine sowie deren Unterhalt berücksichtigt werden. Doch diese sind überschaubar und somit kein Hindernis.
Zwingende Logik
Die Logik ist klar: Überall dort, wo Technik zum Einsatz kommt, steigt die Produktivität, und es werden finanzielle Mittel frei. Diese müssen hauptsächlich jenen zugutekommen, die sie am meisten brauchen: den Arbeitnehmenden. Es sind ihre Einkommen, die endlich nachhaltig steigen müssen. Und es sind ihre Arbeitszeiten, die auf ein erträgliches Niveau gebracht werden sollen. Denn wir dürfen niemals vergessen: Der Mensch braucht Freizeit, soziale Kontakte, Zeit für Familie und Freunde. Und der Lohn muss für ein zufriedenes und würdevolles Leben reichen.
Gesunde Arbeit und gute Löhne
Um den Output der stetigen Produktivitätssteigerung für uns einzufordern, müssen wir gewerkschaftlich geschlossen auftreten. Denn es liegt es auf der Hand, dass die Wirtschaft und die Arbeitgebenden die erwirtschafteten Mittel nicht freiwillig abgeben, sondern einzig und sehr direkt für sich beanspruchen. Stehen wir also zusammen, organisieren wir uns gewerkschaftlich und sagen Nein! Wir fordern gesunde Arbeit, wir fordern gute Löhne und wir fordern, dass der Ertrag der gesteigerten Produktivität in die wichtigsten aller Ressourcen investiert wird: in uns Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Denn die Wirtschaft muss nicht für sich selbst oder für einzelne, sondern für uns alle funktionieren.