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«Die Allgemeinverbindlichkeitserklärung war eine enorm wichtige Errungenschaft der Gewerkschaften»

Franz Hubli ist seit 72 Jahren Gewerkschaftsmitglied. Was er in den Jahren erlebte, erfährst du im Portrait des 88-jährigen Vollblutgewerkschafters. 

Meine Arbeit

Mit 16 begann ich meine Schreinerlehre in einem Betrieb im Nachbarsdorf. Die Arbeit machte mir Spass, doch die Löhne waren sehr tief. In meiner Lehre erhielt ich im ersten Lehrjahr einen Franken pro Tag und mit jedem Lehrjahr einen Franken mehr. Ausgelehrt hatte ich dann etwas mehr als 2 Franken pro Stunde. Damit machte man keine grossen Sprünge. Nach total 20 Jahren Schreinerei, mit Gesellenjahren in Chur und Zürich, hängte ich meinen gelernten Beruf an den Nagel. 1971 trat ich eine Stelle als Gewerkschaftsmitarbeiter des Christlichen Holz- und Bauarbeiterverbandes (CHB) an und wurde drei Jahre später Sekretär der Region Zürich. Die Arbeit mit Holz begleitet mich aber auch jetzt noch und bereitet mir viel Freude. Gerade erst vor einem halben Jahr habe ich meiner Stieftochter einen alten Tisch abgelaugt und wieder tipptopp aufbereitet. 

Der Gewerkschaft trat ich bereits während der Lehre bei. Mein Bruder war damals Präsident der der Regionalsektion des CHB, daher war klar, dass auch ich beitreten werde. Der Lehrmeister war nicht sehr begeistert davon und hat mich damals vor die Wahl gestellt: entweder Gewerkschaft oder Lehrstelle. Ich suchte daraufhin das Gespräch mit dem Zentralpräsidenten des CHB, August Schelbert. Dieser fragte nach dem Namen des Lehrmeisters und sagte nur, sagen sie ihm einen lieben Gruss von mir. Als mich der Lehrmeister zwei Wochen später fragte, ob ich nun aus der Gewerkschaft ausgetreten sei, richtete ich ihm den Gruss aus. Damit hatte sich die Sache erledigt und ich konnte meine Lehre trotz Gewerkschaftsmitgliedschaft problemlos beenden. 

Es waren damals wirtschaftlich schwierige Zeiten. Als Büezer gab es keine Unterstützung des Arbeitgebers, du warst lediglich eine Arbeitskraft. Die Gewerkschaften hingegen engagieren sich für ihre Mitglieder, unterstützen sie etwa bei der Jobsuche oder auch alltäglichen Dingen.

Mein Engagement

In meinen 28 Jahre als CHB-Sekretär der Region Zürich habe ich viele Mitglieder in heiklen Situationen beraten und unterstützen können - etwa bei Streitigkeiten im Arbeitsverhältnis oder bei Diskussionen mit der Suva. Als grosse Errungenschaft muss man sicherlich die Allgemeinverbindlichkeitserklärung der Gesamtarbeitsverträge einordnen. Früher gab es einen grossen Flickenteppich mit vielen regionalen Gesamtarbeitsverträgen. Mit der Allgemeinverbindlichkeitserklärung konnte dieser Zustand aufgehoben werden und nationale geltende Standards etabliert werden.

Meine Pensionierung fiel genau auf das Jahr der Gründung von Syna. Somit habe ich die ersten Syna-Jahre nicht aktiv als Mitarbeiter, sondern als Mitglied erlebt. Doch der Kontakt zu anderen Gewerkschaftern, etwa in der Seniorengruppe ist mir sehr wichtig. Gerade kürzlich habe ich Petra Däscher, die aktuelle Leiterin der Region Zürich und somit eigentlich meine Nachfolgerin, kennengelernt. Das Engagement und die Freude der jetzigen Mitarbeitenden zu spüren, finde ich fantastisch.

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