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Frauen*streik und Papizeit

Was für ein Kontrastprogramm innerhalb nur einer Woche! Kommentar von Syna-Präsident Arno Kerst.

Vielfarbiger, entschlossener Frauen*streik am 14. Juni: Hunderttausende Frauen und solidarische Männer sind in der ganzen Schweiz für eine echte Gleichstellung in allen Lebensbereichen auf der Strasse. Mit Ungeduld fordern sie, dass es jetzt endlich vorwärts geht mit der tatsächlichen Gleichberechtigung der Frauen – überzeugt, dass die Gleichstellung nicht gegeneinander, sondern nur miteinander erreicht wird. Zum Beispiel indem Männer zu Hause präsenter sind, bei der Geburt der Kinder und auch später.

Lebensfremd 

Eine Woche später debattieren 40 vorwiegend graugewandete Männer und 6 Frauen im Ständerat über den Vaterschaftsurlaub. Das Vatersein ist für die Kantonsvertreter bei einem Durchschnittsalter von 58 Jahren nicht mehr unmittelbare Lebensrealität. Entsprechend lebensfremd fielen zahlreiche Voten aus. Da wurde über Kosten für die Wirtschaft und organisatorische Herausforderungen referiert, das hohe Lied der Freiwilligkeit und des Marktes gesungen, das eigene tolle Vatersein gelobt.
Dann wieder anerkennte man(n), dass es an Fachkräften mangle und darum ja vermögende Firmen Arbeitnehmer mit vielen Wochen Vaterschaftsurlaub anlocken. Doch so ganz trauten sie ihren ewig gleichen marktliberalen und sozialstaatfeindlichen Argumenten selber nicht mehr. Hallten die zehntausenden Stimmen, die eine Woche zuvor auf dem Bundesplatz lautstark die Gleichstellung forderten, im Bundeshaus etwa nach?

Historisch!

Und so geschah im «Stöckli» doch noch Historisches: Zum ersten Mal sagt eine Parlamentskammer Ja zum Vaterschaftsurlaub, wenn auch nur für 10 Tage. Damit unsere geforderten 20 Tage im Nationalrat Unterstützung finden, müssen wir noch viel klarer zeigen, worum es beim Vaterschaftsurlaub geht: Väter, die das Wunder der Geburt miterleben und ihre junge Familie danach unterstützen wollen. Kinder, die nachweislich gesünder aufwachsen, wenn die Väter gerade in den ersten Wochen präsenter in der Familie sind. Und Frauen, die partnerschaftliche Unterstützung brauchen und auch als Mutter Arbeitnehmerin sein wollen.

Die Diskussion um den Vaterschafsurlaub zeigt exemplarisch: Der Frauen*streik darf nicht eindrücklicher Schlusspunkt, sondern muss der lange nachhallende Startschuss sein, damit die Gleichstellung gelebte Realität wird. Packen wir die Chance, damit Menschenwürde bald kein Geschlecht mehr kennt!

Arbeitszeiten unter Druck 

Die Baumeister versuchten es letztes Jahr, und jetzt folgte das Baunebengewerbe: Die Handwerker sollten länger und flexibler arbeiten (siehe Blogbeitrag). Die Diskussionen im Gewerbe zeigten exemplarisch, was die Chefs unter der ach so «positiven» Flexibilisierung verstehen: Sie soll nur dem Arbeitgeber dienen.
Die vielfältigen Bedürfnisse der Arbeitnehmenden bei der Gestaltung der Arbeitszeiten finden dabei kaum Gehör: Teilzeit im Gewerbe? Ausgeschlossen! Vaterschaftsurlaub? Nicht nötig! Planbarkeit der Arbeitszeiten? Unmöglich! Selber bestimmen, wann Überstunden kompensiert werden? Sonst noch Wünsche?!
Die Arbeitszeiten und damit die Arbeitnehmenden sind unter massivem Druck. Hier müssen wir Widerstand leisten und unserer Bedürfnisse selbstbewusst formulieren.

Auch darum wünsche ich euch lange und erholsame Sommerferien!

Arno Kerst, Präsident Syna

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