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Arbeitnehmende am Aufschwung beteiligen

Die positive Entwicklung der Pandemiesituation in der Schweiz hat einen deutlichen wirtschaftlichen Aufschwung ausgelöst. Das Vorkrisenniveau ist bereits wieder erreicht, wenn auch mit grossen Unterschieden je nach Branche. Viele Arbeitnehmende haben in der Krise Einkommensverluste erlitten, die anziehende Teuerung bedroht ihre Kaufkraft zusätzlich. Durch einen Teuerungsausgleich und Lohnerhöhungen müssen sie am Aufschwung beteiligt werden, zu dem sie in grossem Masse beigetragen haben. Dadurch wird auch die Kaufkraft gestärkt, damit die Krise noch schneller bewältigt werden kann.  Travail.Suisse, der unabhängige Dachverband der Arbeitnehmenden, präsentiert heute zusammen mit Syna, Hotel & Gastro Union und transfair differenzierte Lohnforderungen für 2022.

Sinkende Infektionszahlen und eine rasch ansteigende Impfquote haben in den letzten Monaten eine Öffnungsstrategie ermöglicht, die auch die wirtschaftliche Situation deutlich entspannt hat. Die Konjunkturprognosen des SECO gehen für das laufende Jahr von einem Wachstum des BIP um 3.6 Prozent aus. Damit wäre der pandemiebedingte Wirtschaftseinbruch vom letzten Jahr bereits wieder deutlich überkompensiert. «Die Arbeitnehmenden haben mit grossem Einsatz, viel Flexibilität und Einkommenseinbussen dazu beigetragen, die Krise zu meistern – jetzt müssen sie mit Lohnerhöhungen auch am Aufschwung beteiligt werden», fordert Gabriel Fischer, Leiter Wirtschaftspolitik bei Travail.Suisse.

Die Lohnverhandlungen in diesem Herbst stellen für die Verbände von Travail.Suisse eine grosse Herausforderung dar. Die wirtschaftliche Situation präsentiert sich positiv, variiert aber je nach Branche und Unternehmen stark. Allgemeingültige Lohnforderungen sind nicht angezeigt und eine differenzierte Sichtweise nötiger denn je.

Lohnerhöhungen sind möglich und nötig – je nach Zustand der Branche

Zu den von den Covid-Restriktionen am stärksten betroffenen Branchen gehört die Gastronomie. «Lohnerhöhungen werden hier selten sein. Es bleibt zu hoffen, dass die Branche nach der jetzt stattfindenden Strukturbereinigung gestärkt aus der Krise kommt, um dann kontinuierlich Löhne und Arbeitsbedingungen zu verbessern», sagt Urs Masshardt, Geschäftsleiter der Hotel & Gastro Union. Im Gegensatz dazu ist das Baugewerbe weitgehend unbeschadet durch die Krise gekommen und auch die Industrie hat sich in weiten Teilen bereits wieder erholt. Hier sind jetzt Lohnerhöhungen möglich und nötig. Ausserdem muss der Aufschwung genutzt werden, um versäumte strukturelle Anpassungen in einzelnen Branchen vorzunehmen. «Im Gesundheitswesen ist der Fachkräftemangel akut und die Löhne haben in den vergangenen Jahren zu stark stagniert, auch im Detailhandel sind die Löhne seit Jahren chronisch zu tief», stellt Mathias Regotz, Leiter Interessens- und Vertragspolitik bei der Gewerkschaft Syna fest. «In diesen Branchen sind Lohnerhöhungen von 3-4 Prozent zwingend», fordert Regotz weiter.

Einkommensverluste und Teuerung bedrohen Kaufkraft der Arbeitnehmenden

Auch wenn die schlimmsten Szenarien für den Arbeitsmarkt nicht eingetroffen sind, ist die Arbeitslosigkeit immer noch 35 Prozent höher als vor der Krise. Dies entspricht rund 35'000 zusätzlichen arbeitslosen Personen. Zusätzlich waren teilweise bis zu einem Viertel aller Arbeitnehmenden in Kurzarbeit und damit von Einkommenskürzungen betroffen. Die jetzt anziehende Teuerung gefährdet die Kaufkraft der Arbeitnehmenden zusätzlich. Die Prognosen gehen von einer Teuerung von 0.4 Prozent in diesem Jahr und 0.5 Prozent im nächsten Jahr aus. «Ein genereller Teuerungsausgleich für alle Arbeitnehmenden ist nötig, um die Kaufkraft zu erhalten und den privaten Konsum zu stützen», sagt Gabriel Fischer. Lohnerhöhungen sind somit auch wichtig, um die Krise schneller bewältigen zu können.

Service Public stärken – Lohndiskriminierung bekämpfen

Die Krise hat deutlich gezeigt, wie existentiell wichtig die Dienstleistungen des Service Public sind. «Kürzungen beim Service Public sind ein No-Go. Es braucht jetzt eine Stärkung und bessere Anerkennung durch die Politik», sagt Albane Bochatay, Verantwortliche Politik bei transfair. «Die Arbeitnehmenden des Service Public haben in der Krise beispielhaften Einsatz geleistet. Sie verdienen grössere Anerkennung – auch finanzieller Art – und faire Arbeitsbedingungen», führt Bochatay weiter aus.

Auch bei der Lohndiskriminierung der Frauen besteht weiterhin grosser Handlungsbedarf. Das revidier-te Gleichstellungsgesetz verlangt zwar neu eine Lohngleichheitsanalyse von Unternehmen mit mehr als 100 Angestellten, kontrolliert wird dies aber nicht. Travail.Suisse und die angeschlossenen Verbände haben deshalb die Plattform RESPECT8-3.CH (www.respect8-3.ch) geschaffen, um für mehr Transparenz zu sorgen. Alle Unternehmen sind aufgefordert, dort nachzuweisen, dass sie die Vorgaben des Gleichstellungsgesetzes einhalten.



Weitere Auskünfte
Mathias Regotz, Leiter Interessens- und Vertragspolitik

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