Positionierung der Gewerkschaften zum Verhandlungsresultat mit der EU - Löhne und Service Public sichern
Heute haben der Vorstand von Travail.Suisse und die Delegierten des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB) das Verhandlungsergebnis zum neuen Abkommen mit der EU diskutiert und ihre gemeinsame Position für die innenpolitischen Verhandlungen beschlossen.
Beide gewerkschaftlichen Dachverbände haben sich in ihren Gremien heute ausführlich mit dem Verhandlungsergebnis zu den EU-Verträgen beschäftigt.
Die Schweiz hat die höchsten Löhne in Europa, dies gilt auch für die Lebenshaltungskosten. Zu ihrem Schutz hat die Schweiz auf Druck der Gewerkschaften deshalb bereits vor 20 Jahren die flankierenden Massnahmen eingeführt. Dank Gesamtarbeitsverträgen, Kontrollen und Bussen konnte in gut geschützten Branchen ein Absinken der Löhne verhindert werden. Das neu ausgehandelte Abkommen soll jedoch wesentliche Teile dieses Lohnschutzes aushöhlen. der Handlungsdruck beim Lohnschutz wird deshalb noch grösser.
Beschluss des Vorstands von Travail.Suisse
Damit Travail.Suisse das Abkommen unterstützen kann, sind daher einerseits Kompensationsmassnahmen und andererseits eine Modernisierung des Lohnschutzes notwendig. Travail.Suisse-Präsident Adrian Wüthrich betont: «Wir sind offen, die kommenden innenpolitischen Gespräche konstruktiv in Angriff zu nehmen und nach Lösungen zu suchen. Wenn der Lohnschutz geschwächt wird und keine ausreichende innenpolitische Kompensationsmassnahmen beschlossen werden, wird Travail.Suisse das aussenpolitische Verhandlungsergebnis ablehnen.»
Zum Schutz der Löhne und Arbeitsbedingungen fordert der Vorstand von Travail.Suisse unter anderem:
- Das Prinzip «gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort» muss auch für die Spesen gelten. Für eine Nicht-Umsetzung der EU-Regelung braucht es wasserdichte Garantien.
- Die Einführung wirksamer neue Instrumente, die das bisherige Schutzniveau der Löhne sicherstellen.
- Eine Anpassung der Arbeitgeberquoten bei den allgemeinverbindlichen Gesamtarbeitsverträgen.
- Eine gesetzliche Pflicht zum Erlass von Normalarbeitsverträgen in Branchen ohne Gesamtarbeitsverträge bei wiederholten missbräuchlichen Lohnunterbietungen.
- Ein klares Bekenntnis der Arbeitgeberseite für eine starke Sozialpartnerschaft.
Beschluss der SGB-Delegierten
Pierre-Yves Maillard, Präsident des SGB, betonte in seinem Votum: «Das Abkommen verschlechtert den Lohnschutz. Nun braucht es Gegensteuer. Wir werden hart verhandeln. Das Ziel ist, eine Lösung zu finden, die den Arbeitnehmenden nützt und nicht schadet.»
Die Delegierten des SGB verlangen in ihrem Beschluss neue und wirksame Massnahmen, die Löhne und den Service Public sichern. Konkret fordern sie unter anderem:
- Eine Bauherrenhaftung und Verantwortung von Auftraggebern für Verstösse ihrer Subunternehmen
- Verkürzte Bearbeitungszeiten der Kantone
- Nachverhandlung der Spesenregelung
- Mehr allgemeinverbindliche Gesamtarbeitsverträge
- Einen besseren Kündigungsschutz für Berufstätige, die sich für gute Arbeitsbedingungen und für die Arbeitssicherheit einsetzen.
- Besserstellung von Temporärbeschäftigten
- Keine Liberalisierung des Strommarktes
- Beim internationalen Personenfernverkehr auf der Schiene muss Kooperationsmodell und die Trassenvergabe unter Schweizer Hoheit garantiert sein
Anlässlich der Europa-Debatte hat sich Esther Lynch, Generalsekretärin des Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB), heute in einer Solidaritäts-Botschaft ihre Unterstützung für die kritische Beurteilung des Abkommens zwischen dem Schweizer Bundesrat und der Europäischen Union zum Ausdruck gebracht. Der EGB teilt laut Lynch die Besorgnis über die nachteiligen Auswirkungen dieses Abkommens auf die Rechte der Arbeitnehmenden in der Schweiz. Das Abkommen schwächt die Schutzmechanismen gegen Lohndumping erheblich. Es führt sogar neue Regeln ein, die einen unlauteren Wettbewerb auf Kosten aller Arbeitnehmenden in der Schweiz unabhängig von ihrer Nationalität ermöglichen. «Der EGB steht fest an der Seite der Schweizer Gewerkschaften, wenn es um die Verteidigung der Arbeitnehmerrechte und die Aufrechterhaltung starker öffentlicher Dienstleistungen geht», erklärte Lynch.