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Krankenkassenprämien 2023: Die Verantwortlichen schieben sich gegenseitig die Schuld zu

Alain Berset hat nichts kommen sehen, die Versicherer haben so getan, als seien sie am Ende ihrer Reserven und das Parlament hat Massnahmen und Projekte zur Dämpfung der Gesundheitskosten und zur Änderung der Pflegefinanzierung in den Wind geschlagen. Das Ergebnis: Leidtragende sind die Versicherten, da sie allein für die steigenden Gesundheitskosten aufkommen müssen. Vor allem die Ärmsten, denn in der Schweiz – und darauf können wir nicht gerade stolz sein – gilt: Je ärmer, desto mehr zahlt man. Angesichts dieser sozialen Notlage muss der Staat jetzt reagieren!

Die Krankenkassenprämien werden im nächsten Jahr nicht mit dem Lift nach oben fahren, sondern mit einer regelrechten Rakete. Diese Ankündigung des Bundesrats hat für Hunderttausende Bürgerinnen und Bürger verheerende Auswirkungen. Die Hauptverantwortlichen für diese Situation – die notabene selbst nicht betroffen sind – zeigen sich davon indes unbeeindruckt und schieben sich gegenseitig die Schuld in die Schuhe.

Herr Berset, war dieses Szenario tatsächlich unvorhersehbar?

Alain Berset hatte letztes Jahr angekündigt, dass die Gesundheitskosten und der Anstieg der Versicherungsprämien unter Kontrolle seien. Heute spricht der Bundesrat von einem unvorhersehbaren Szenario – eine grobe Fehleinschätzung.

Das Parlament steht diesem Versäumnis in nichts nach. So hat es sich unter anderem dagegen entschieden, die Preise für Medikamente zu senken. Der Ständerat hat zudem abgelehnt, auf die Erhöhung des Bundesbeitrags zu den Krankenkassenprämienverbilligungen um 30% einzutreten. Ein weiteres Beispiel: Die Vorlage zur einheitlichen Finanzierung von ambulanten und stationären Leistungen ist seit 2019 im Ständerat blockiert und ihre Behandlung wurde soeben verschoben.

Auswirkungen auf das Haushaltsbudget

Die Versicherer und ihre im Bundeshaus gut verankerten Lobbyist/-innen spielen derweil ihre gewohnte Rolle als Opfer des Systems, die kein Geld mehr in den Kassen haben. Angesichts ihrer Reserven, die dieses Jahr auf 12 Milliarden geschätzt werden, hätte man jedoch gewisse Anstrengungen von ihrer Seite erwarten können.

Der durchschnittliche Prämienanstieg für 2023 ist mit 6,6% mindestens doppelt so hoch wie die Inflationsrate. In der aktuellen Wirtschaftslage sind diese Mehrkosten für mittlere und niedrige Einkommen verheerend, da der Posten «KVG-Prämien» im Haushaltsbudget stark ins Gewicht fällt.

Auffällig ist, dass der Anteil der von den Haushalten direkt bezahlten Gesundheitsausgaben mit steigendem Einkommen abnimmt, während es in den anderen OECD-Ländern umgekehrt ist. Da die Prämien in der Schweiz risiko- und nicht einkommensabhängig sind, sinkt die Kaufkraft der einkommensschwächsten Haushalte stärker.

Die Behörden dürfen nicht länger zögern

Angesichts der sozialen Dringlichkeit muss der Staat (Bundesrat und Kantone) jetzt schnellstmöglich eingreifen und die Zuschüsse zu den Krankenkassenprämien massiv erhöhen. Langfristig muss die Finanzierung der Gesundheitsausgaben überdacht werden. Um sozial gerechter zu sein, muss sie stärker von den Ressourcen der einzelnen Personen und Haushalte abhängen.

Die Initiative der Sozialdemokratischen Partei zur Prämienverbilligung und der vom Nationalrat vorgeschlagene Gegenvorschlag zielen genau darauf ab: Die Prämien sollen nicht mehr als 10% des verfügbaren Einkommens ausmachen. Nun liegt es am Ständerat, dieses Geschäft zügig und verantwortungsbewusst zu behandeln und dadurch zu zeigen, dass sie das Vertrauen der einkommensschwächsten Bürgerinnen und Bürger dieses Landes auch verdienen.

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