Rahmenabkommen: «Sehr geehrter Bundesrat...»
Der griffige Lohnschutz ist keine Verhandlungssache! Gestern fand die Konsultation des Bundesrates mit Vertretern der Sozialpartner Travail.Suisse, Schweizerischer Gewerkschaftsbund, Schweizerischer Arbeitgeberverband und Gewerbeverband statt. Diese sind sich einig: Der Lohnschutz, den das vorliegende Rahmenabkommen vorsieht, genügt nicht. Meine Intervention an der gestrigen Konsultation:
Sehr geehrter Bundesrat
Geregelte und sichere Beziehungen zu Europa sind unbestreitbar wichtig. Sie sind wichtig für die Schweiz, für die Wirtschaft – und sie sind wichtig für die Arbeitnehmenden. Zu diesen geregelten Beziehungen gehören für uns Gewerkschaften auch klare und sichere Regeln für den Lohnschutz.
Das jetzt vorliegende Rahmenabkommen erfüllt aber gerade im Bereich Lohnschutz diese Bedingungen nicht. Anstatt – wie versprochen – die Flankierenden Massnahmen (FlaM) auszuklammern und damit zu sichern, werden sie in wichtigen Punkten geschwächt – ohne dass verbindlich aufgezeigt wird, wie die Schutzwirkungen trotzdem beibehalten werden könnten.
Heute haben wir mit den FlaM ein klares und verbindliches Regelwerk, das wir zusammen festgelegt haben – nichtdiskriminierend und eigenständig. Geht es nach dem vorliegenden Rahmenabkommen, haben wir eine dreifach inakzeptable Situation:
- Als Lohnschutz werden uns noch drei Massnahmen zugesichert, deren zwei (Voranmeldefrist und Kaution) schon eine deutliche Verschlechterung darstellen.
- Die übrigen FlaM sind der totalen Unsicherheit ausgeliefert. Ob sie vereinbar sein werden mit den EU-Regeln oder ob das Schiedsgericht, sprich der Europäische Gerichtshof (EUGH), sie ausser Kraft setzt, ist ungewiss. Aktuelle Urteile des EUGH, welche die Dienstleistungsfreiheit höher als die soziale Sicherheit gewichten, lassen hier nichts Gutes erahnen.
- Die zukünftige eigenständige Weiterentwicklung der FlaM ist nicht mehr möglich. Dabei hat die Geschichte der Personenfreizügigkeit gezeigt, dass ohne diese Weiterentwicklung der FlaM und damit eines wirksamen Lohnschutzes, die Akzeptanz der Stimmbevölkerung nicht gegeben ist.
Wenn wir uns dezidiert für die Ausklammerung der FlaM und für einen wirksamen und Lohnschutz stark machen, so tun wir dies im Wissen, dass nur damit der bilaterale Weg mit der EU bei den Arbeitnehmenden und der Bevölkerung auch in Zukunft eine Chance hat. Das jetzt vorliegende Rahmenabkommen erfüllt diese Anforderung nicht.
Arno Kerst, Präsident
Medienmitteilung: Keine Zustimmung zum Rahmenabkommen in dieser Form