Skip to main content

«Wir sind keine Ordensschwestern mehr, die diesen Job für Gotteslohn erledigen»

Der Pflegeberuf wird in der öffentlichen Wahrnehmung nach wie vor oft als Berufung gesehen. Die Folgen sind schlechte Arbeitsbedingungen und tiefe Löhne. 

Wieso sind die Arbeitsbedingungen im Pflegeberuf dermassen schlecht? Dafür gibt es verschiedene Gründe. Zum einen wurde die Gesundheitsversorgung immer weiter privatisiert. Die damit einhergehende kompromisslose Sparpolitik, die seit mindestens fünfzehn Jahren geführt wird, geht vor allem zu Lasten der Angestellten: Weniger Personal, dafür mehr Aufgaben; Weniger Lohn, dafür mehr Flexibilität. Zum anderen hängen die schlechten Arbeitsbedingungen aber auch damit zusammen, dass dieser Beruf immer noch romantisiert wird. 

Ein romantisierter Beruf

Historisch gesehen wurde die Pflege von kranken und verletzten Menschen in Europa lange Zeit von Nonnen übernommen. Das ist heute zwar nicht mehr so, aber eines ist geblieben: Dieser Beruf wird immer noch zum grössten Teil von Frauen ausgeübt. Frauen werden oftmals für ihre Empathie und ihre Fürsorge gelobt, das Umsorgen und Pflegen wird auch heute noch als typisch weiblich, als quasi in ihrer Natur liegend angesehen. Es ist genau das, was uns immer noch unterdrückt, denn der grösste Teil der unbezahlten Arbeit bleibt immer noch an den Frauen hängen – wie Kindererziehung oder die Pflege älterer oder kranker Familienmitglieder. Dies führt zu einer Mehrfachbelastung, die nach wie vor allzu oft nicht als solche erkannt wird.

Pflege als Berufung

In der Pflege geht man davon aus, dass die Frauen diesen Beruf nicht wegen dem Lohn, sondern wegen ihrer Gutmütigkeit ausgesucht haben. Natürlich haben viele Frauen diesen Beruf ausgesucht, weil sie anderen Menschen helfen möchten und dies ist mitunter der Grund, wieso sich viele seit der Corona-Pandemie mit dem Gesundheitspersonal solidarisiert haben. Doch mindert das ihren Anspruch auf einen angemessenen Lohn?! Dass sie ihren Beruf unter solch schlechten Bedingungen ausüben müssen, dass viele ihn nach ein paar wenigen Jahren wieder verlassen, ist absurd. Wie lange sollen sie noch geben, ohne etwas zu erhalten? Wie lange können wir sie aus der Ferne bewundern, während sie uns sagen «Wir können nicht mehr!»?

Auch für die eigenen Rechte einstehen

Wie unser Mitglied Karin Niklaus an der ersten Gesundheitsdemo in Bern im Oktober 2020 verkündete: «Wir sind keine Ordensschwestern mehr, die diesen Job für Gotteslohn erledigen». Es braucht bessere Löhne, bessere Schichtzulagen und vor allem mehr Personal. Wie können wir dies erreichen? Nur indem sich die Frauen wehren. Wir haben es alle gesehen: Wenn sich die Frauen wehren, gehen sie auf die Strasse und mobilisieren für eine Gesundheitsdemo über 8000 Menschen auf dem Bundesplatz wie im letzten Oktober. Sie kämpfen um eine Abstimmung und gewinnen sie! So wie bei der Pflegeinitiatve ein historischer Erfolg errungen wurde. Dann ist ein für alle Mal klar: Wir Frauen stehen nicht nur für andere ein, sondern wir kämpfen auch für unsere eigenen Rechte. Bei der Frage der Arbeitsbedingungen geht es nämlich nicht nur um Geld, es geht um Respekt und Anerkennung.


Weitere Informationen:

Migmar Dhakyel, Zentralsekretärin Gesundheit

Ähnliche Beiträge

Cookies erleichtern die Bereitstellung unserer Dienste. Mit der Nutzung unserer Website erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies verwenden.
Weitere Informationen Ablehnen Akzeptieren