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Arbeit muss etwas wert sein!

Syna ist in den letzten 20 Jahren im Dienstleistungssektor gewachsen. Die Herausforderungen bleiben aber: Die Löhne sind immer noch tief und die Digitalisierung bringt tiefgreifende Änderungen. Irene Darwich, Sektorleiterin, und Carlo Mathieu, Geschäftsleitungsmitglied, sagen, wie sie die Zukunft sehen – und was Dienstleistungsberufe trotz allem attraktiv macht.

Der Sektor ist sehr heterogen: Bei den Dienstleistungsfirmen gibt es alle Grössen, vom kleinen Coiffeursalon über das regionale Altersheim bis zum grossen Detailhändler mit vielen Filialen.

Carlo Mathieu

Syna wurde 1998 von Gewerkschaften gegründet, die vor allem im Gewerbe und in der Industrie aktiv waren. Ein wichtiges Ziel war: Fuss fassen in der Dienstleistung. Haben wir dies erreicht?
Irene Darwich:
Wir sind sicher eindrücklich gewachsen – und konnten in viele Gesamtarbeitsverträge (GAV) einsteigen oder diese neu aushandeln. Der neuste GAV gilt seit Februar für die Tankstellenshops. Das Ziel ist aber noch lange nicht erreicht: Der Organisationsgrad ist noch sehr tief, auch verglichen mit dem Gewerbe.

Welche Faktoren spielen dabei eine Rolle?
Carlo Mathieu:
Der Sektor ist sehr heterogen: Bei den Firmen gibt es alle Grössen, vom kleinen Coiffeursalon über das regionale Altersheim bis zum grossen Detailhändler – wo die Mitarbeitenden wiederum in verschiedenen Filialen arbeiten.
Irene Darwich:
Die Dienstleistungsbranchen sind geprägt von typischen Frauenberufen, auch von vielen Wiedereinsteigerinnen. Sie arbeiten oft in Teilzeitpensen und mit unregelmässigen Einsatzzeiten. Es ist schwierig, diese Frauen gewerkschaftlich anzusprechen. Und für sie sind andere Fragestellungen wichtig: Es geht neben Arbeits- und Lohnbedingungen vermehrt um die Koordination zwischen Beruf und Privat- oder Familienleben. Mit Botschaften, die sich am klassischen Rollenbild des Manns als Familienernährer orientieren, kommt man nicht weit. Das mussten die Gewerkschaften in den letzten 20 Jahren lernen ...

Nachgefragt: Irene Darwich zur Lohnfrage im Dienstleistungssektor

Der Druck auf die Arbeitszeiten nimmt laufend zu. Wer in einem Dienstleistungsjob arbeitet, soll auch noch planbare Zeit haben für Familie, Freizeit und Erholung.

Irene Darwich

Welches sind die wichtigsten Ziele und Forderungen im Dienstleistungssektor?
Irene Darwich:
Die Angestellten in der Pflege, im Verkauf oder in der Reinigung arbeiten schon sehr flexibel. Der Druck auf die Arbeitszeiten nimmt aber laufend zu: Sie werden immer kurzfristiger festgelegt und geändert. Wer in einem Dienstleistungsjob arbeitet, soll auch noch planbare Zeit haben für Familie, Freizeit und Erholung. Zudem sind die Löhne nach wie vor tief. Wir haben zwar Verbesserungen bei den Mindestlöhnen erreicht – zum Beispiel im Coiffeurgewerbe – aber immer noch auf sehr tiefem Niveau.
Carlo Mathieu:
Es geht darum, den Wert der Arbeit besser aufzuzeigen. Im Service zum Beispiel wird genauso hart gearbeitet wie auf jeder Baustelle! Zudem kämpfen wir gegen das antiquierte Bild, dass Frauen in Dienstleistungsberufen arbeiten, um «nebenher» noch etwas Geld zu verdienen. Heute sind viele von ihrem Lohn abhängig und müssen damit eine Familie durchbringen. Die Arbeit muss deshalb fair bezahlt werden.

Welche Herausforderungen seht ihr im Dienstleistungssektor?
Carlo Mathieu:
Nehmen wir den Detailhandel: Mit dem wachsenden Online-Handel und den schnellen Lieferzeiten wird es in Zukunft weniger Angestellte in Läden geben, dafür mehr in der Logistik. Mit dem immensen Kostendruck wächst dort die Gefahr von prekären Arbeitsverhältnissen. Dafür müssen wir auch die Konsumierenden sensibilisieren, denn diese Arbeit ist nicht mehr sichtbar.
Wer aber im Laden arbeitet, wird mehr Beratungskompetenzen brauchen, während repetitive Arbeiten, wie etwa Gestelle einräumen, automatisiert werden. Deshalb ist auch die Weiterbildung entscheidend: Da müssen wir die Arbeitgeber verpflichten.
Irene Darwich:
Alles kann man aber nicht automatisieren. Im Dienstleistungssektor geht es um persönliche Dienstleistungen. Dafür wird es immer Menschen brauchen. Das macht die Berufe auch spannend und attraktiv. Aber nur, wenn die Angestellten wertgeschätzt und fair bezahlt werden!

Nachgefragt: Carlo Mathieu zu den Zukunftsperspektiven der Verkaufsberufe

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