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Coronakrise: Nicht die Jungen sollen dafür bezahlen

Die Jungen sind sehr stark von der Pandemie betroffen – nicht gesundheitlich, aber wirtschaftlich: Die Jugendarbeitslosigkeit hat im Vergleich zu letztem Jahr stark zugenommen, und es droht Lehrstellenmangel. Eine Task Force soll nun das Schlimmste verhindern.

Eine aktuelle Befragung des Forschungsprojektes «LehrstellenPuls» hat ergeben, dass Lehrbetriebe im Schnitt mittelmässig bis eher stark von der Coronakrise betroffen sind. Zwar mussten nur wenige der befragten Lehrbetriebe schliessen. Dennoch ist rund ein Viertel der Lernenden in Kurzarbeit, und rund die Hälfte der Lehrbetriebe muss weiterführende Schutzmassnahmen treffen wie zum Beispiel Home Office oder veränderter Einsatz der Lernenden.

Lehrstellenlücke und steigende Jugendarbeitslosigkeit 

Die Pandemie wirkt sich logischerweise auch auf die aus, die eine Lehrstelle suchen. Während vor einem Jahr ein Lehrstellenüberschuss herrschte, könnte es laut einer Schätzung der Universität Bern dieses Jahr knapp werden. Mehr als die Hälfte der Lehrstellen konnte bereits vor Ausbruch der Krise besetzt werden. Von den verbleibenden rund 30 000 Lehrstellensuchenden werden voraussichtlich 8-12%, also rund 2400 bis 3600 Jugendliche, keine Lehrstelle finden.
Wenn die Wirtschaft wie erwartet einbricht, wird die Zahl noch höher sein. Die Karriere der Jugendlichen hört jedoch nicht mit der Lehre auf, sonders startet erst recht nach dem Lehrabschluss. Gerade in der Altersgruppe der 20- bis 25-Jährigen ist die Arbeitslosigkeit als Folge der Corona-Massnahmen um mehr als 70% im Vergleich zum Vorjahresmonat gestiegen.

Task Force als Rettungsaktion

Eine Arbeitsgruppe soll die negativen Folgen der Coronakrise auf dem Lehrstellenmarkt abmildern: Die «Task Force Perspektive Berufslehre 2020» besteht aus Vertreter/-innen des Bundes, der Kantone sowie Organisationen der Arbeitswelt. Mit gezielten Massnahmen wie Coaching und Mentoring wollen sie die Jugendlichen bei der Suche nach einer Lehrstelle unterstützen. Ebenso sollen Betriebe unterstützt werden, wenn sie freie Ausbildungsplätze besetzen, bestehende erhalten sowie gemeinsam neue Ausbildungsmodelle erarbeiten.
Mit dabei ist Bruno Weber-Gobet als Verantwortlicher für die Berufsbildungspolitik bei unserem Dachverband Travail.Suisse. Er warnt vor Panikmache: «Niemand weiss gegenwärtig, wo wir im August 2020 stehen. Aber wir wollen nicht überrascht werden. Darum ist präventiv eine Taskforce eingesetzt worden.»


Interview mit Bruno Weber-Gobet, Mitglied der Task Force Perspektive Berufslehre 2020:

Wird eure Mission gelingen?

Unser Ziel ist ein stabiler Lehrstellenmarkt, darauf arbeiten wir hin. Wir analysieren die Situation regelmässig und setzen Massnahmen um. Zum Beispiel unterstützen die Kantone die Lehrpersonen der Abschlussklassen. Sie sollen ihre Schülerinnen und Schüler optimal bei der Lehrstellensuche beraten können. Wichtig ist aber auch, dass die notwendigen finanziellen Mittel bereitstehen, um die Massnahmen umzusetzen. Bund, Kantone, die Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen arbeiten dafür zusammen.

Von welchen Szenarien geht man man momentan aus? 

Wir erwarten starke kantonale und regionale Unterschiede, je nach Branchen, die in einer Region vertreten sind. Wir wissen aber auch, dass viele Betriebe heute nicht ausbilden. Es ist daher wichtig, dass über das Lehrstellenmarketing neue Betriebe für die Lehre gewonnen werden. In allen Kantonen sind Projektleiter/-innen eingesetzt, die das Lehrstellenmarketing und die weiteren Massnahmen wie Coaching oder Matching zwischen Jugendlichen und Betrieben koordinieren.

Was ist mit den Lehrabgänger/-innen? Gibt es für die auch ein Unterstützungsprogramm? 

«Eigentlich machen mir die Lehrabgänger/-innen mehr Sorgen als die Lehrstellensuchenden.»

Bruno Weber-Gobet, Travail.Suisse

Eigentlich machen mir die Lehrabgänger/-innen mehr Sorgen als die Lehrstellensuchenden. Lehrstellen und Ausbildungsplätze zu schaffen ist zwar aufwendig und schwierig, aber letztlich doch einfacher als Arbeitsplätze. Wir setzen uns dafür ein, dass auch die Betriebe mit Kurzarbeit die Lehrabgänger/-innen in eine Festanstellung übernehmen können. Wir überlegen auch, welche Dienstleistungen eine Berufsfachschule für ihre Abgänger/-innen erbringen kann.

Wenn das alles nichts hilft? Was rätst du den Jungen? 

Die Lehrabgänger/-innen sind gegen Arbeitslosigkeit versichert und können sich somit beim RAV anmelden. Allerdings ist die Bezugsdauer auf 200 Taggelder begrenzt. Möglich ist auch, die Berufsmaturität nachzuholen, einen Sprachaufenthalt zu organisieren, eine höhere Fachschule oder eine Fachhochschule zu besuchen oder als Mann* den obligatorischen Militär- oder Zivildienst zu leisten.


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