Die Holzbaubranche setzt auf Vereinbarkeit
Für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben haben die Sozialpartner und der Verein Pro Teilzeit das Projekt «Arbeitsmodelle für Vereinbarkeit im Holzbau» lanciert. Als Grundlage für die weitere Projektgestaltung erfasst eine Umfrage in einem ersten Schritt die Bedürfnisse der Mitarbeitenden und Unternehmen der Branche.
Das Projekt will die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben in der Holzbaubranche fördern. Dies soll die Branche attraktiver machen, zum Erhalt von Fachkräften und zur Gleichstellung beitragen.
Hinter dem Projekt stehen sämtliche Sozialpartner der Branche: der Branchenverband Holzbau Schweiz, die Gewerkschaften Syna und Unia, Baukader Schweiz und der Kaufmännische Verband Schweiz. Die Projektleitung liegt beim Verein Pro Teilzeit, der bereits im Maler- und Gipsergewerbe ein erfolgreiches Projekt umgesetzt hat (siehe Kasten 1). Das Eidgenössische Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann (EBG) unterstützt das Projekt mit Finanzhilfen. Mit der Beteiligung der relevanten Akteure wird sichergestellt, dass Lösungen erarbeitet werden, die breit abgestützt sind und eine strukturelle Wirkung zugunsten aller Unternehmen und Mitarbeitenden in der Branche haben.
Gleichstellung von Männern fördern
Im Fokus des Projekts steht die Weiterentwicklung von zukunftsfähigen Arbeitszeitmodellen, insbesondere Teilzeitarbeit. Männer, die Teilzeit arbeiten wollen, sind im Vergleich zu Frauen nämlich benachteiligt. Dies fand die Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich mit einer Studie heraus. Teilzeitarbeit ist in frauendominierten Branchen anerkannter als in männerdominierten Branchen (siehe Kasten 2). Doch die Holzbaubranche holt hier stark auf. Seit 2012 stieg der Teilzeitstellenanteil der Männer um 5 Prozentpunkte und lag 2021 bei 15,9 Prozent.
Zum Vergleich: Im Dienstleistungssektor nahm der Teilzeitstellenanteil der Männer in der gleichen Periode um 3,1 Prozentpunkte auf 28,6 Prozent zu, im gesamten Baugewerbe um 0,9 Prozentpunkte auf 7,3 Prozent (siehe Grafik). Nebst Teilzeitarbeit und den damit verbundenen Herausforderungen für Unternehmen befasst sich das Projekt auch mit weiteren Arbeitszeitmodellen, beispielsweise der Viertagewoche.
Bedürfnisse erfragen
In einem ersten Schritt erfasst die vierte Branchenbefragung, welche die Sozialpartner Ende September durchführen, als Schwerpunktthema die Bedürfnisse der Mitarbeitenden und der Unternehmen in Bezug auf Arbeitsmodelle und die Vereinbarkeit. «Der gesellschaftliche Wandel wirkt sich auch auf das Arbeitsleben aus,» sagt Kaspar Bütikofer, Branchenverantwortlicher der Gewerkschaft Unia. «Uns interessieren die Bedürfnisse der Branche.» Die Ergebnisse der Umfrage liegen voraussichtlich Anfang 2025 vor und dienen dann als Basis für die weitere Projektgestaltung. Geplant sind Dienstleistungen und Produkte für Unternehmen wie fachliche Beratung, Begleitung für betriebsinterne Pilotprojekte, Webinare, Hilfsmittel und Vorlagen für die ganze Branche. Durch die vorgesehene Überprüfung des GAV unter Einbezug aller Sozialpartner können zudem allfällige Unklarheiten zu Bestimmungen in Bezug auf Teilzeitarbeit geklärt werden. «Mit dem Projekt setzt sich die Holzbaubranche aktiv mit aktuellen Herausforderungen auseinander», sagt Heinz Beer, Geschäftsführer der Beer Holzbau AG und Mitglied der Zentralleitung von Holzbau Schweiz. «Damit wir auch in Zukunft attraktive und wettbewerbsfähige Anstellungsbedingungen bieten können und dem Holzbau ausreichend Fachkräfte zur Verfügung stehen.»
Weitere Auskünfte:
Johann Tscherrig, Vorsitzender und Mitglied der Geschäftsleitung, Mail
Während vier Jahren hat der Verein Pro Teilzeit zusammen mit dem Schweizerischen Maler- und Gipserunternehmer-Verband (SMGV) und den Gewerkschaften Syna und Unia ein erfolgreiches Teilzeitförderprojekt durchgeführt www.teilzeitbau.ch. In dieser Zeit haben sich die Teilzeitstellen im Maler- und Gipsergewerbe mit über 600 neuen Teilzeitstellen verdoppelt. Das hat die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben verbessert sowie Fachkräfte gehalten. Eine externe Evaluation des Büros für arbeits- und sozialpolitische Studien (BASS) kam zum Schluss, dass im Rahmen des Projekts zudem sehr nützliche Hilfsmittel entwickelt werden konnten, die den Bedürfnissen der Branche entsprechen. Das Projekt im Holzbau soll auf diesen Erfahrungen aufbauen. Auch das Gebäudehüllengewerbe startet ein ähnliches Projekt.
Männer mit dem Wunsch nach Teilzeitarbeit sind im Vergleich zu Frauen benachteiligt. Zu diesem Schluss kommt eine Studie der Konjunkturforschungsstelle der ETH. Die Studie untersuchte die Arbeitsmarktdiskriminierung in der Schweiz anhand vom «Job Room», der Online-Arbeitsmarktplattform des Staatssekretariates für Wirtschaft Seco. Dort schalten Stellensuchende ihr Profil auf und Rekrutierende klicken sich durch, um nach geeignetem Personal zu suchen. Während zehn Monaten wurde jeder einzelne dieser Klicks untersucht. Man wollte herausfinden, welche Auswirkungen der Wunsch nach Teilzeitarbeit auf die Chance hat, von den Rekrutierenden kontaktiert zu werden. Die Studie zeigt auf, dass der Wunsch nach Teilzeitarbeit grundsätzlich ein Hindernis für eine Anstellung darstellt. Je geringer das gewünschte Pensum, desto kleiner die Chance, angestellt zu werden. Bei Frauen ist der Wunsch nach Teilzeitarbeit ausserdem besser akzeptiert als bei Männern, in frauendominierten Branchen anerkannter als in männerdominierten Branchen.