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Frau auf dem Bau

Für Ruby war immer schon klar, dass sie auf die Baustelle gehört. Die Bauarbeiterin hat eine klare Mission: Frauen zu inspirieren, auch auf dem Bau zu arbeiten.

 Der Schweizer Arbeitsmarkt ist stark nach Geschlecht getrennt. Auch heute noch wählen die meisten jungen Frauen und Männer Berufe, die für ihr Geschlecht typisch sind. Nicht so Ruby: Die 19-Jährige hat dieses Jahr ihre Lehre als Maurerin abgeschlossen. Mit einem Frauenanteil von unter einem Prozent gilt der Beruf als klassische Männerdomäne.

Ruby, warum arbeiten so wenige Frauen auf dem Bau? 

Das liegt vor allem an den klassischen Rollenbildern. Eine Frau auf dem Bau «gehört» sich halt nicht. Ich musste mir während der Hälfte meiner Lehrzeit anhören, ich solle doch besser im Büro arbeiten. Bekannte rieten mir ebenfalls davon ab, da es dreckig und anstrengend sei und es dazu noch schlechtes Wetter gäbe. Teilweise liegt es auch an den Eltern, die beschützen wollen. Dabei ist es machbar!

Wie bist du auf diesen Beruf gekommen? 

Seit ich mithelfen durfte, unser Haus zu renovieren, bin ich fasziniert von Renovationsarbeiten. In meiner Familie sind die meisten auf dem Bau tätig. Meine Mutter arbeitet als Chauffeurin im Strassenbau. Als Kind durfte ich ab und zu im Lastwagen mitfahren, und schon da habe ich die Bauarbeiter bewundert. Sie waren so stark und intelligent. Und vor allem durften sie sich frei auf der Baustelle bewegen, was mir meine Mutter verbot.

Bist du mal an deine körperlichen Grenzen gekommen? 

Ja das kommt vor, gerade bei sehr anstrengenden Aufgaben wie Betonieren. Als Frau habe ich weniger Kraft, und dazu kommt, dass ich mit meinen 157 Zentimetern eher klein bin. Da habe ich schon Nachteile, vor allem, weil es viel Schweres zu tragen gibt. Dabei ist das Gewicht an sich häufig nicht das Problem, sondern die Unhandlichkeit. Meine Kollegen gehen aber gut damit um. Ich kann sie jederzeit fragen, wenn ich Hilfe brauche.

Hast du als Frau auch Vorteile? 

Da ich nicht so viel Kraft habe, muss ich mehr mit dem Kopf kompensieren. Ich mache mir mehr Gedanken, um eine Lösung umzusetzen. Zum Beispiel arbeite ich stärker mit dem Hebelgesetz, damit Schweres leichter wird. Oder ich erledige mehr Aufräumarbeiten, weil ich einen ausgeprägten Ordnungssinn habe – was sehr geschätzt wird. Mir ist auch aufgefallen, dass die Kollegen bei mir weniger aggressiv werden, weil sie mich nicht als Bedrohung sehen. Es hilft sehr, wenn man es mit allen gut hat.

Haben dich deine Kollegen in der Lehre respektiert? 

Ich hatte eine super Gruppe. Es waren alles Väter, die Kinder in meinem Alter haben. Zu Beginn wussten meine Kollegen nicht so recht, wie sie mit mir umgehen sollen und hatten «Berührungsängste». Das ging aber schnell vorbei. Vor der Berufsschule hatte ich mehr Angst. Aber die waren alle sehr nett zu mir. Klar haben sie mich zu Beginn getestet mit blöden Sprüchen. Da hab ich einfach einen noch blöderen Spruch erwidert. Das hat mir geholfen, aus mir herauszukommen und lockerer zu werden.
Als sie merkten, dass ich arbeiten kann, waren sie sogar stolz auf mich. Als ich mich mal verletzte, meinten sie, ich wäre «hart im Nehmen». Ich habe mich immer aufgehoben gefühlt.

Wieso soll frau auf dem Bau arbeiten? 

Es gibt viele Frauen, die sogar besser geeignet wären als ich. Nur kommen sie gar nicht auf die Idee. Auch viele der Jungs haben ein sehr schlechtes Bild vom Bau. Zugegeben, es ist manchmal schon anstrengend, vor allem auf Dauer. Gleichzeitig lernst du aber immer etwas, in erster Linie, was es heisst, zusammen etwas zu «reissen». Und auf dem Bau ist es auch häufig lustig, es gibt immer jemand, der Witze reisst oder ein wenig rumspinnt. Du kannst Lärm machen, bist frei, Pausen zu machen, wann du willst. Du kannst alles rumschmeissen, niemand stört sich daran. Das ist echt cool und befreiend.
Ausserdem verdienst du gut, und die körperliche Arbeit tut gut und erdet dich. Vor allem für die Jungen ist das wichtig, deshalb rate ich allen, auf den Bau zu gehen. Ich bin stolz darauf, Bauarbeiterin zu sein!


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