Migranten im Arbeitsmarkt: Meinungen und Fakten
Oft herrschen zu Migration und Integration landläufige Meinungen vor, die kaum hinterfragt werden. Hier die zwei Meistgehörten – und die Fakten dazu:
1: «Sind Ausländer erst mal in der Schweiz, dann wollen sie auch bleiben!»
Das stimmt nicht: 40% der Eingewanderten verlassen die Schweiz innerhalb eines Jahres wieder. Nach den ersten 3 Jahren sind es bereits 50%, die der Schweiz den Rücken zukehren. Dafür haben sie oft gute Gründe:
- Im 1. Jahr nach der Zuwanderung verlassen prekär beschäftigte Migrantinnen und Migranten aus den Branchen Tourismus, Baugewerbe und Landwirtschaft die Schweiz wieder – also diejenigen, die rund 20% weniger verdienen als ihre zugewanderten Kolleginnen und Kollegen.
- Ab dem 2. Jahr verlassen Migrantinnen und Migranten die Schweiz, die überdurchschnittlich gut verdienen. Darunter sind viele Topverdienerinnen und -verdiener aus der Finanz- und der Pharmabranche.
- Rückkehrende weisen eine Erwerbstätigenquote von 60 bis 70% auf. Diese ist tiefer als bei der Vergleichsgruppe (Migrantinnen und Migranten, die im selben Jahr in die Schweiz kamen), wo sie bei gut 80% liegt.
Fazit
Nur wer nach 3 Jahren eine stabile Beschäftigungssituation erreicht, bleibt auch längerfristig in der Schweiz. Übrigens sind es Portugiesinnen und Portugiesen, die mit über 90% die höchste Erwerbstätigenquote aller Nationalitäten aufweisen!
2: «Zugewanderte belasten unsere Sozialversicherungen übermässig!»
So einfach ist die Sache nicht. Und sie verhält sich je nach Versicherung unterschiedlich:
- An der Finanzierung der AHV beteiligen sich Immigrantinnen und Immigranten mit ihren Beiträgen zu 30%. Sie beziehen aber nur 12% der Leistungen. Für die 1. Säule sind sie also ein massgeblicher Gewinn.
- Beim Bezug von Arbeitslosengeldern sind Eingewanderte tatsächlich überrepräsentiert. Dabei muss man aber wissen: Ausländerinnen und Ausländer arbeiten oft in Branchen mit hohen und mittleren Arbeitslosenquoten – vor allem im Gastgewerbe oder auf dem Bau, wo es oft auch saisonale Arbeitslosigkeit gibt. So ist beispielsweise bei den Portugiesinnen und Portugiesen das Arbeitslosenrisiko mit 7,7% deutlich höher als bei Schweizerinnen und Schweizern mit 2,4%.
Übrigens ist die Arbeitslosenquote von Europäerinnen und Europäern, die vor dem Inkrafttreten der Personenfreizügigkeit in die Schweiz einreisten, mit 4,4% vergleichsweise tief. Auch dies beweist: Längerfristig bleibt nur, wer eine befriedigende Erwerbssituation findet.
→ AHV-Statistik 2018
→ Seco-Studie «Der Arbeitsmarkterfolg von Immigrantinnen und Immigranten» (2018)
→ Observatoriumsbericht zur Personenfreizügigkeit 2018
Die Stellenmeldepflicht, mit der die Masseneinwanderungsinitiative umgesetzt wurde, ist nun bereits 6 Monate alt. Die gute Nachricht: In den meldepflichtigen Berufen – zum Beispiel Service- und Küchenpersonal, Lagerist oder Betonbauer – nahmen die gemeldeten offenen Stellen um das Sechsfache zu. Allerdings erfasst die Auswertung nicht, ob diese Arbeitslosen auch tatsächlich zum Vorstellungsgespräch eingeladen oder schliesslich eingestellt wurden.
Die Entwicklung der Arbeitslosenquote in der Schweiz ist unabhängig von der Stellenmeldepflicht erfreulich: Im vergangenen Jahr lag sie bei 2,6% – so tief wie letztmals vor 10 Jahren. Die Zahl der Arbeitslosen hat dabei bereits im 1. Halbjahr 2018 stark abgenommen. Zudem ist der Wanderungssaldo aus EU/EFTA-Ländern seit Jahren rückläufig.
2018 nahm die Arbeitsmigration aus der EU fast nur im Dienstleistungssektor zu, im Industrie- und Gewerbesektor nahm sie im Vergleich zur Vorjahresperiode sogar ab.