Angst vor Stellenverlust sinkt, Stress und Arbeitsbelastung bleiben hoch
Jedes Jahr führt unser Dachverband Travail.Suisse die Arbeitnehmenden-Befragung «Barometer Gute Arbeit» durch. Deutlich bemerkbar machen sich in diesem Jahr die Auswirkungen des Fachkräftemangels. Die Sorge, die eigene Anstellung zu verlieren, sinkt, doch die Arbeitsbelastung und der Stress sind hoch. Weit über eine halbe Million Arbeitnehmende planen, aufgrund von zu viel Stress am Arbeitsplatz, ihre Stelle zu wechseln.
Die neusten Resultate des Barometers liefern interessante Fakten und Entwicklungen zur Arbeitszufriedenheit in der Schweiz. So zeigt die Umfrage, dass Vollzeitangestellte unzufriedener sind als Teilzeitbeschäftigte. Deutlich negativ auf die Arbeitszufriedenheit wirken sich auch körperlich anstrengende Tätigkeiten und Arbeitsplätze ohne Tageslicht aus.
Weniger Personal, mehr Stress
Der Anteil der Arbeitnehmenden, die angeben, «oft» oder «sehr häufig» am Arbeitsplatz gestresst zu sein, ist seit 2015 kontinuierlich gestiegen. Dieses Jahr waren es bereits 43 Prozent der Arbeitnehmenden. Beinahe drei von vier Arbeitnehmenden erwarten eine weitere Zunahme der Arbeitsbelastung. Es ist deshalb keine Überraschung, dass Arbeitnehmende, die es sich leisten können, Teilzeit arbeiten wollen – und zwar nicht nur wegen der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, sondern auch aufgrund der hohen Belastung.
Kaufkraft erhalten
Der Lohn ist ein weiterer wichtiger Faktor für einen Wechsel des Arbeitsplatzes. Um das Personal zu halten, ist deshalb der Erhalt der Kaufkraft von grosser Bedeutung. Der Verweis auf andere Länder, die eine noch höhere Teuerung haben als Argument gegen Lohnerhöhungen, ist der falsche Ansatz. Für die Arbeitnehmenden, gerade jene mit tiefen und mittleren Einkommen, ist der Teuerungsausgleich und damit der Erhalt der Kaufkraft ihres Lohnes von entscheidender Bedeutung für ihre Lebensqualität.
Weiterbildung fördern
Eine wichtige Massnahme für den Personalerhalt und die Arbeitszufriedenheit, die auch im Interesse der Arbeitnehmenden sein muss, ist das kontinuierliche Lernen. Wichtig ist, dass sie ein Thema in den Unternehmen und bei den Arbeitnehmenden ist. Offenbar hat sich im letzten Jahr diese Erkenntnis wieder einen Schritt weiter durchgesetzt. Verglichen mit 2021 ist der Anteil der Arbeitnehmenden, die bei ihren Weiterbildungsmassnahmen von Arbeitgeberseite unterstützt werden, um über 5 Prozentpunkte gestiegen.
Lohngleichheit
Die Einführung von Lohngleichheitsanalysen im Rahmen des revidierten Gleichstellungsgesetzes war im Parlament, trotz Frauenstreik, alles andere als einfach. Offenbar gestaltet sich nun auch die Umsetzung in den Unternehmen harzig. Drei Viertel der Befragten geben an, dass in ihrem Unternehmen noch nicht über das Resultat der Lohnanalyse informiert wurde, wie dies vom Gesetz vorgesehen ist. Das von Travail.Suisse lancierte Projekt «Respect8-3.ch» macht öffentlich, welche Unternehmen die Lohngleichheit einhalten. Ab 1. Juli 2023 werden wir auch transparent machen, welche Unternehmen die Lohngleichheit nicht respektieren und sich somit um das Gleichstellungsgesetz foutieren.