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Durchzogene Lohnrunde 2023 mit einigen Überraschungen

Nach beinahe drei Jahren Pandemie drohten mit der unsicheren wirtschaftlichen Situation und der Energiekrise die Lohnverhandlungen auch dieses Jahr harzig zu werden. Die meisten Resultate lagen unter den Erwartungen. Schlusslicht ist einmal mehr das Gesundheitswesen. Besonders erfreulich sind die Ergebnisse aus der Ziegelindustrie sowie der Reinigung und dem Gleisbau.

Nachdem die Lohnerhöhungen der letzten Jahre pandemiebedingt eher mager ausfielen, waren die Forderungen für dieses Jahr deutlich höher. Aufgrund der Teuerung forderte Syna im Sommer in allen Branchen Reallohnerhöhungen von drei bis fünf Prozent. Die Resultate sind durchzogen.

Ungenügendes Gesundheitswesen

Die Resultate im Gesundheitswesen sind einmal mehr ernüchternd. Die Mischung aus privaten und öffentlichen Einrichtungen sowie die Tatsache, dass es im Schweizer Gesundheitswesen generell wenig Sozialpartnerschaft gibt, macht es schwierig, Verbesserung für die gesamte Branche zu erreichen. Die Annahme der Pflegeiniative war deshalb auch aus gewerkschaftlicher Sicht ein wichtiger Schritt. Umso enttäuschender ist die harzige Umsetzung. Nur mit einer signifikanten Verbesserung der Arbeitsbedingungen kann der aktuelle Pflege-Exodus abgeschwächt werden. Dass die Arbeitgebenden darauf nicht oder nur äusserst ungenügend reagieren, zeigen die aktuellen Resultate der Lohnverhandlungen. Im Wallis erhält das Gesundheitspersonal nächstes Jahr 2% mehr Lohn. In den Kantonen Aargau und Luzern sind es 2.2%, wovon 1.5% generell und 0.7% individuell gewährt werden. Etwas grosszügiger ist das Kantonsspital Zug. Hier kommen zu 2.2% generell 0.5% individuell hinzu, sowie 0.3% für strukturelle Lohnanpassungen.

Alle diese Resultate sind weit von den von Syna geforderten 5% entfernt. Sie sind ein Affront für eine Branche, die unter akutem Fachkräftemangel leidet und zentral ist für unsere Gesellschaft. Das Versäumnis der Arbeitgebenden, hier die verdienten Lohnerhöhungen zu gewähren, verdeutlicht, wie wichtig ein rasches Eingreifen der Politik und eine zeitnahe Umsetzung der Pflegeinitiative sind.

Die Grossen enttäuschen

Während der Pandemie war der Detailhandel stark gefordert. Nicht systemrelevante Geschäfte waren geschlossen, in den Supermärkte hingegen mussten die Angestellten unter erschwerten Bedingungen weiter arbeiten. Nach dem Abflauen der Coronapandemie kamen mit dem Ukraine-Krieg und der Energiekrise gleich die nächsten Herausforderungen. Den grossen Detailhandelsriesen scheint dies nichts anzuhaben: Coop verbucht Rekordgewinne und stockt sein Eigenkapital auf über 10 Milliarden Franken auf. Gleichzeitig sind die Arbeitnehmenden stark von der Krise betroffen. Die Erwartungen an die grossen Detailhandelsketten, ihre Angestellten für ihren Sondereinsatz der letzten Jahre zu belohnen, waren dementsprechend hoch. Die Resultate waren umso entäuschender. Die Lohnerhöhungen von Coop bleiben mit 2% deutlich unter den Forderungen und decken nicht einmal die Teuerung. Die Geschenkgutscheine, die Coop hinzufügt, ändern daran nichts. Gutscheine sind keine nachhaltige Verbesserung. Das Resultat ist aus der Sicht von Syna enttäuschend und steht in keinem Verhältnis mit der wirtschaftlich guten Situation des Konzerns.

Die Lohnverhandlungen mit Lidl erfolgen im Januar 2023. Bleibt zu hoffen, dass der Discounter sich seiner Verantwortung mehr bewusst ist und seinen Angestellten eine angemessene, der Teuerung angepasste Lohnerhöhung gewährt.

Bewegter Bau

Im Jahr der Neuverhandlungen des Landesmantelvertrages (LMV) waren von Seiten der Baumeister keine grossen Zugeständnisse betreffend Lohn zu erwarten. Lange sah es sogar so aus, als wollte der Baumeisterverband die Bauleute erneut leer ausgehen lassen. Zur Erinnerung: Während der letzten beiden Jahre gab es keine generelle Lohnerhöhung, obwohl trotz Pandemie stets munter weitergebaut wurde. Nach neun Verhandlungsrunden und einer schweizweiten Protestwelle steht nun der neue LMV und die Löhne der Bauleute werden um 150 Franken pro Monat erhöht. Die Mindestlöhne sind ab dem 1. Januar 2023 um 100 Franken pro Monat höher als im Vorjahr.

Das Resultat muss im Januar noch von den Delegierten des Baumeisterverbandes angenommen werden. Wir gehen von einem positiven Entscheid aus, denn die Vertragssicherheit ist für beide Seiten ein grosses Anliegen. Dennoch darf nicht vergessen werden, dass die Lohnerhöhungen unterhalb unserer Forderungen liegen, sie gleichen nicht einmal die Teuerung aus. Dies wird besonders angesichts der beiden vorangegangenen Nullrunden von den Bauleuten als ungenügend beurteilt.

Knapp ungenügendes Gewerbe

Auch die anderen Gewerbebranchen tun sich nicht mit Glanzresultaten hervor. Fast alle Resultate liegen unterhalb unseren Forderungen und reichen nicht einmal zum Ausgleich der Teuerung. Mit 1.5% generell liegen die Lohnanpassungen im Second-œuvre und Metallbau beispielsweise weit unterhalb der Teuerung. Im Metallbau gibt es zusätzlich 1% für individuelle Lohnerhöhungen, doch das Resultat ist auch so zu tief. Im Holzbau gibt es nur 1% mehr Lohn,und dies sogar nur für jene Arbeiter/-innen mit mehr als zehn Jahren Berufserfahrung. Weitere 1.5% werden für individuelle Lohnerhöhungen vorgesehen. Syna hat dieses schlechte Resultat nicht akzeptiert. Auch die 50 Franken mehr Lohn für Malerinnen und Gipser sind aus unserer Sicht mehr als ungenügend.

Etwas besser sind die Resultate in der Elektrobranche (2.5%, wovon 2% generell) oder in der Gebäudehülle. Mit 2.9% kommt das Resultat der Gebäudehülle unseren Forderungen am nächsten. Hervorzuheben ist hier die AGVS Zürich. Auch hier liegen die Lohnerhöhungen zwar etwas unter der Teuerung (2.5%, wovon 2% generell), mit durchschnittlich 5.1% werden aber die Mindestlöhne signifikant erhöht.

Auch im Schreinergewerbe wurde ein relativ gutes Resultat erzielt. Die Löhne werden um generell 110 plus individuell 40 Franken angehoben. Die Mindestlöhne steigen um 150 Franken. Dies trotz des vertragslosen Zustands von 2021 und obwohl die Allgemeinverbindlichkeitserklärung des neuen GAV noch auf sich warten lässt. Doch die Arbeitgebenden sind sich des Fachkräftemangels und der ausserordentlichen Leistungen ihrer Mitarbeitenden offenbar bewusst und honorieren das entsprechend.

Unerwartete Resultate

Besonders erfreulich sind die Resultate in der Reinigung, der Ziegelindustrie, dem Gleisbau und der Uhrenindustrie. In all diesen Branchen sind die Löhne eher tief und Lohnerhöhungen dementsprechend umso wichtiger. Die letzten Jahre wurden hier ausserdem jeweils enttäuschende Resultate erzielt. Umso erfreulicher, dass dieses Jahr aus diesen Branchen ein Zeichen der Wertschätzung an ihre Angestellten kommt. Die Reinigung zahlt ihren Angestellten mit generell 3% eine substanzielle Lohnerhöhung, die lange nötig war. Im Gleisbau dürfen sich die Angestellten nächstes Jahr über 3.3% mehr Lohn freuen, in der Ziegelindustrie gibt es monatlich 150 Franken mehr. Nach den harzigen Verhandlungen der letzten Jahre ist besonders das Resultat in der Uhrenindustrie erfreulich: Hier gibt es ab Januar einen generellen Teuerungsausgleich von 3.5% oder eine Pauschale von 191 Franken.

Weitere Resultate aus der Industrie stehen noch aus.

Zusammenfassend kann gesagt werden: Der Lohnherbst 2022 war alles in allem einigermassen zufriedenstellend. Viele Branchen, in denen höhere Lohnerhöhungen erwartet wurden, lagen teilweise weit unter den Erwartungen. Besonders stossend ist dies in Branchen, wo die finanziellen Mittel ganz klar vorhanden wären. Dafür gab es einige positive Überraschungen, wo teilweise sogar eine Reallohnerhöhung erzielt werden konnte. Besonders enttäuschend sind die Resultate einmal mehr im Gesundheitswesen.


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