Mindestlohnverhandlungen im Gastgewerbe gescheitert – Arbeitnehmerverbände ziehen vor Schiedsgericht
Die Verhandlungen über eine Anpassung der Mindestlöhne im Gastgewerbe für das Jahr 2025 sind gescheitert. Trotz des wirtschaftlich hervorragenden Jahres 2023 und äusserst positiver Aussichten für das Jahr 2024 sind die Arbeitgeberverbände nicht bereit, die Mindestlöhne auf ein faires Niveau anzuheben. Die Gewerkschaften und Arbeitnehmerverbände ziehen nun vor Schiedsgericht.
Jährlich verhandeln die Vertragspartner des Landes-Gesamtarbeitsvertrags (L-GAV) des Schweizer Gastgewerbes zwischen April und Juni über eine Anpassung der Mindestlöhne für das Folgejahr. Für die Arbeitnehmenden verhandeln Syna, die Hotel & Gastro Union und Unia, arbeitgeberseitig die Verbände GastroSuisse, HotellerieSuisse und Swiss Catering Association. Nach vier Verhandlungsrunden konnten sich die Vertragspartner nicht auf eine Anpassung der Mindestlöhne einigen, weil die Arbeitgebervertreter nicht zu anständigen Lohnerhöhungen bereit waren.
Tourismus und Gastgewerbe boomen
2023 war ein Rekordjahr: Noch nie zuvor wurden in der Schweizer Hotellerie so viele Logiernächte verzeichnet. Auch für 2024 sind die Prognosen hervorragend. Es sieht danach aus, als würde der Vorjahresrekord gebrochen werden. Auch die gastgewerblichen Betriebe sind gemäss Konjunkturbarometer KOF optimistisch: Mehr als jeder dritte Betrieb meldet eine höhere Nachfrage im Vergleich zum Vorjahresquartal und 40% der Betriebe melden im selben Zeitraum ein höheres Verkaufsvolumen. Die Beschäftigung steigt weiter, zusätzliche Stellen werden geschaffen. Dem Gastgewerbe geht es wirtschaftlich hervorragend, man befindet sich längst auf dem Vor-Pandemie-Niveau.
Steigende Preise und sinkende Reallöhne
Doch nicht alle profitieren von der guten Situation: Die Löhne in der Branche sind sehr tief, und viele Arbeitnehmende müssen zudem seit Jahren Kaufkraftverluste hinnehmen. Teuerung, Krankenkassenprämien- und Mietzinserhöhungen sind schweizweit ein Problem. Gemäss Bundesamt für Statistik sinken die Reallöhne im Gastgewerbe seit 2017 kontinuierlich. Zwar konnten die Arbeitnehmerorganisationen in den letzten Jahren eine Anpassung der Mindestlöhne an die Teuerung erreichen. Doch wer nicht den Mindestlohn verdient, erhielt in der Regel keine Lohnerhöhung. Und dies, obwohl die Betriebe sich gleichzeitig lautstark über fehlende Fachkräfte beklagen.
Unverständliche Haltung der Arbeitgeber und vergebene Chance
Trotz guter wirtschaftlicher Lage, fehlenden Arbeitskräften, fehlendem Nachwuchs sowie Attraktivitäts- und Imageproblemen: Die Arbeitgeberverbände, allen voran GastroSuisse, sind nicht bereit, allen Beschäftigten der Branche einen Lohn zu bezahlen, der zum Leben reicht, und die Mindestlöhne entsprechend anzuheben. Die Arbeitgeberverbände verpassen mit den gescheiterten Mindestlohnverhandlungen einmal mehr, ein positives Signal an die Mitarbeitenden und an den Nachwuchs auszusenden. Noch im Juni 2022 sprach GastroSuisse in ihrem «5-Punkte-Plan gegen den Fachkräftemangel» von der «Entwicklung zeitgemässer Lohnmodelle». In der Praxis folgen dem noch keine Taten.
Verfahren vor Schiedsgericht
Angesichts der kompromisslosen Haltung der Arbeitgeberverbände haben Syna, die Hotel & Gastro Union und Unia das Schiedsgericht des L-GAV angerufen, das folglich über die Mindestlöhne für das nächste Jahr befinden muss.
Für Rückfragen:
- Guido Schluep, Gewerkschaft Syna, 079 777 11 17, Mail