Skip to main content

Mit 50 auf dem Abstellgleis?

Theoretisch ist alles bestens: Das Risiko, arbeitslos zu werden, ist statistisch gesehen für Arbeitnehmende über 50 unterdurchschnittlich.
Ein schwacher Trost für die Betroffenen: Ihre Chance auf eine neue Stelle ist nämlich umso geringer.

Rolf Müller ist ein durchweg positiver Mensch. So machte sich der Aussendienstmitarbeiter eines Kunststoff-Grosshandelsunternehmens zunächst keine grossen Sorgen, als er im Sommer 2017 die Kündigung erhielt. «Sie finden schnell wieder etwas. Im Aussendienst ist das gar kein Problem», versicherte auch der zuständige RAV-Berater beim Erstgespräch.
Acht Monate und rund 70 Bewerbungen später ist der Mittfünfziger nach wie vor ohne Stelle. «Es ist immer dasselbe Prozedere», beschreibt er seine Bemühungen: «Auf die meisten Bewerbungen erfolgt gar keine Reaktion.» Auf Nachfrage hiesse es, man habe sehr viele Dossiers erhalten, das Auswahlverfahren dauere eine Weile. Einige Tage später folge dann jeweils eine Standardabsage.

Arbeit = Ansehen

Unterstützung vom RAV erhält der 56-Jährige in seiner Stellensuche wenig. Er will der Arbeitsvermittlung aber keinen Vorwurf machen: «Die haben täglich so viele Arbeitslose vor sich. Da bleibt gar keine Zeit, um auf jeden Typ individuell einzugehen.»
Der Druck auf den Schultern des zweifachen Familienvaters – nicht zuletzt auch der gesellschaftliche – wächst. Denn wer in der Schweiz nicht arbeitet, ist schnell unten durch.

Das Potenzial Erfahrung

Doch Rolf Müller ist keiner, der sofort aufgibt. «Am wichtigsten ist es, die eigene Motivation aufrechtzuerhalten», betont er. Seine Motivation holt sich der Basler, indem er sich breit über die Arbeitswelt informiert: Er liest, recherchiert im Internet, belegt Kurse und besucht Coachings. Dabei stösst er auf den Fachkräfteverband Save50Plus – und ist begeistert.

Der Verband fördert Stellensuchende über 50 durch alternative arbeitsmarktliche Massnahmen, ganz nach dem Grundsatz «Hilfe zur Selbsthilfe»: Dabei beschäftigen sich die Teilnehmenden intensiv mit dem aktuellen Arbeitsmarkt und lernen, sich selbst zu vermarkten. Zudem werden die Stellensuchenden zu Selbstreflexion und Standortbestimmung ermutigt – sie sollen neue Perspektiven gewinnen.
Save50Plus betreibt aber auch Öffentlichkeitsarbeit, um das Potenzial der älteren Arbeitnehmenden mit ihrer grossen Arbeits- und Lebenserfahrung aufzuzeigen – und damit Wirtschaft und Politik zum Umdenken anregen.

Stichwort Wertschätzung

Rolf Müller hat selbst einen Tipp, wie sich das Potenzial aller Arbeitnehmenden besser nutzen liesse: Vielen Unternehmen fehle es an Wertschätzung für ihre Mitarbeitenden. «Wer Wertschätzung für seine Tätigkeit erhält», ist Müller überzeugt, «arbeitet motivierter und leistet mehr.» Überhaupt sollten alle arbeitenden Menschen geschätzt werden, auch jene, die keinen Job hätten: «Denn gerade ältere Arbeitslose haben lange viel geleistet.»

Ähnliche Beiträge

Cookies erleichtern die Bereitstellung unserer Dienste. Mit der Nutzung unserer Website erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies verwenden.
Weitere Informationen Ablehnen Akzeptieren