Skip to main content

Mit Teilzeitförderung Fachkräfte in der Branche gehalten

In den letzten vier Jahren hat das Maler- und Gipsergewerbe in der Deutschschweiz ein Teilzeitförderungsprojekt durchgeführt und damit Pionierarbeit in den Baubranchen geleistet. Das Fazit der externen Evaluation und der Projektbeteiligten zu den Projektresultaten fällt positiv aus. Die Hilfsmittel für Unternehmen werden auch anderen Branchen zur Verfügung gestellt.

«Ohne Teilzeitstelle hätte ich den Beruf verlassen», sagt Malerin Priska Rutschi aus Bern. Maler Matthias Fröhlicher wollte mehr Zeit für seine Tochter und hatte bei seinem ehemaligen Arbeitgeber gekündigt, weil er dort nicht einmal auf 80% reduzieren konnte. Glücklicherweise fand er eine Teilzeitstelle bei einem Pilotbetrieb des Projekts Teilzeitbau – sonst hätte sich der passionierte Maler nach einer Stelle in einer anderen Branche umgeschaut. Diese zwei Beispiele aus der Porträtserie des Projekts Teilzeitbau zeigen exemplarisch: Mit Teilzeitstellen konnten Fachkräfte in der Branche gehalten werden.

Ausgangslage: Abwanderung von Fachkräften

Die Abwanderung von Fachkräften gab den Anstoss für das Teilzeitförderungsprojekt im Maler- und Gipsergewerbe. Rund 40% der Lernenden im Malergewerbe der Deutschschweiz sind Frauen – und das seit 20 Jahren. Doch fast die Hälfte dieser ausgebildeten Malerinnen kehrte dem Beruf im Alter von 27 bis 36 Jahren den Rücken. Ein Grund für die Abwanderung der Malerinnen waren fehlende Teilzeitstellen: Im Maler- und Gipsergewerbe gab es bei Projektlancierung Ende 2017 nur 4% Teilzeitstellen. Das war zehnmal weniger als der gesamtschweizerische Durchschnitt von rund 40%. Andererseits interessieren sich auch Männer, insbesondere jüngere Arbeitnehmende, zunehmend für Teilzeitarbeit.

Grosse Nachfrage nach Teilzeitarbeit

In der Umfrage zu Projektbeginn (2018) äusserten 32-36-jährige Männer am häufigsten den Wunsch nach einer sofortigen Teilzeitstelle (23% in dieser Kategorie). Im Durchschnitt wollten 10% der befragten Vollzeitmitarbeitenden «am liebsten sofort» eine Teilzeitstelle, unabhängig von Alter und Geschlecht. Und 38% «vielleicht in den nächsten Jahren». Oder anders gesagt: Gut die Hälfte der vollzeitbeschäftigten Maler/Gipser/innen interessierte sich für Teilzeitstellen.

Hilfsmittel für Unternehmen

In der Folge beteiligten sich 12 Unternehmen an Pilotprojekten zur Teilzeitförderung. Eine Porträtserie und viele Artikel in der Branchenzeitschrift Applica thematisierten Gründe, Vorurteile, Vorteile, Herausforderungen und Herangehensweisen im Zusammenhang mit Teilzeitarbeit. Und schliesslich wurden rechtliche und organisatorische Hilfsmittel für alle Unternehmen des Maler- und Gipsergewerbes erarbeitet (z.B. Checkliste zur Arbeitsübergabe, Musterarbeitsvertrag, Merkblatt zum Gesamtarbeitsvertrag). Die Projektaktivitäten konzentrierten sich auf die Deutschschweiz, die Hilfsmittel wurden auch auf Französisch und Italienisch übersetzt.

Teilzeitstellen verdoppelt

Dieses Vervielfachen von Erfahrungen fiel auf fruchtbaren Boden: Innert vier Jahren haben sich die Teilzeitstellen in der Branche im Geltungsbereich des Gesamtarbeitsvertrags verdoppelt, der Teilzeitstellenanteil liegt neu bei 8.2%. Die Projektträger – der Schweizerische Maler- und Gipserunternehmer-Verband SMGV, die Gewerkschaften Unia und Syna und der Verein Pro Teilzeit – freuen sich über diese Entwicklung, welche die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben in der Branche verbessert hat.

Positive externe Evaluation

Das Eidgenössische Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann (EBG) unterstützt das Projekt mit Finanzhilfen. Im Sinne einer Rechenschaftslegung hat nun eine externe Evaluation stattgefunden. Das unabhängige Büro für arbeits- und sozialpolitische Studien (BASS) hat die Pilotbetriebe befragt und eine Unternehmensbefragung zum Nutzen der Hilfsmittel durchgeführt. «Die Evaluation zeigt klar auf, dass im Rahmen des Projekts sehr nützliche Hilfsmittel entwickelt werden konnten, welche den Bedürfnissen der Maler- und Gipserbetriebe entsprechen», heisst es im Evaluationsbericht. «Das Evaluationsfazit zu den Projektaktivitäten und Ergebnissen fällt insgesamt positiv aus. Aus Sicht des Evaluationsteams wäre es daher sicher sinnvoll, ähnliche Projekte auch in anderen (Bau-)Branchen umzusetzen, um Teilzeitarbeit zu fördern.»

Projektbeteiligte zufrieden
Auch die Auswertung der Projektbeteiligten fällt positiv aus. «Mit Teilzeitförderung können wir Fachkräfte in der Branche halten», sagt Silvia Fleury, Direktorin des Schweizerischen Maler- und Gipserunternehmer-Verbands SMGV. Bruna Campanello, Geschäftsleitungsmitglied der Unia, sieht einen Erfolgsfaktor in der breiten Projektträgerschaft: «Dank der sozialpartnerschaftlichen Trägerschaft konnten auch Fragen zu Teilzeitarbeit im Gesamtarbeitsvertrag (GAV) geklärt werden.» Und Malermeisterin Priska Maeder, Präsidentin des Vereins Pro Teilzeit, freut sich, dass die Branche nun teilzeitfreundlicher geworden ist: «Vorbilder und Erfahrungsberichte sind wichtig. Gerade in Baubranchen, wo Skepsis gegen Teilzeitarbeit verbreitet ist.» Die Projektbeteiligten hoffen, dass die Pionierarbeit im Maler- und Gipsergewerbe Früchte trägt und andere Baubranchen sich davon inspirieren lassen. Sie stellen die Hilfsmittel für Unternehmen auch anderen Branchen zur Verfügung.

Illustrierte Zusammenfassung mit weiteren Informationen

Zum Vorgehen und zu den Resultaten der Teilzeitförderung im Maler- und Gipsergewerbe gibt es einen illustrierten Projektbericht mit weiterführenden Informationen und Links:

Ähnliche Beiträge

Cookies erleichtern die Bereitstellung unserer Dienste. Mit der Nutzung unserer Website erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies verwenden.
Weitere Informationen Ablehnen Akzeptieren