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Nach den Verhandlungen ist vor den Verhandlungen

Der Landesmantelvertag (LMV) ist unter Dach und Fach: Arbeitgeber und Gewerkschaften haben sich geeinigt. Vorerst jedenfalls. Denn das Ringen um die Höhe der Löhne geht weiter. Zudem sind die Gewerkschaften mit den erzielten Resultaten beim Baukader nur bedingt glücklich. 

Als sich Arbeitgeber und Gewerkschaften in der Nacht des 28. November um halb vier Uhr einig werden, fühlt Johann Tscherrig vor allem eines: Erschöpfung. An Schlaf ist für den Branchenleiter Bau bei Syna nach dem Meeting allerdings nicht zu denken. Immer wieder gehen ihm die zähen Verhandlungen durch den Kopf, die hinter ihm liegen.

Ein paar Wermutstropfen bleiben

Einerseits ist da die Erleichterung, dass nun ein Kapitel abgeschlossen und der Landesmantelvertrag (LMV) für die nächsten drei Jahre unter Dach und Fach ist. Gut sei das für die Bauarbeiterinnen und Bauarbeiter, aber auch für die Gewerkschaft, nickt Tscherrig. Doch in die Freude mischt sich Verdrossenheit. «Die Lohnerhöhungen sind nicht so ausgefallen, wie wir es wollten», fährt er fort. Zur Erinnerung: Die Gewerkschaften hatten vier Prozent mehr Lohn gefordert. Beschlossen wurde indes eine Steigerung um drei Prozent bei den tiefsten Löhnen, bei den höheren ist es weniger. «Gleichzeitig drängten wir auf eine Lohnsicherheit von zwei Jahren, statt dem einen, das wir nun haben», sinniert Tscherrig.

Zeit zum Ausruhen bleibt keine. Nach dem Motto «nach den Verhandlungen ist vor den Verhandlungen» geht die Gewerkschaftsarbeit nun munter weiter. Immerhin, beide Seiten haben laut Tscherrig aus der Vergangenheit gelernt. Es gibt eine Arbeitsgruppe aus Gewerkschaftsleuten und Vertretern der Arbeitgeber. Sie will sich regelmässig treffen, um den nächsten LMV besser – und vor allem langfristig – vorzuverhandeln. Und dann sind ab Herbst bereits die nächsten Lohnrunden angesetzt. Konfliktpotenzial gibt es jedenfalls nach wie vor.

Die Position der Arbeitnehmenden ist gestärkt

Wie steht es um die Chancen der Arbeitnehmenden? «Deren Position wurde gestärkt», ist Tscherrig überzeugt und verweist auf die Aktionen des letzten Jahres. Dass für die Baudemos so viele Arbeiterinnen und Arbeiter für ihre Rechte auf die Strasse gingen, habe die Baumeister beeindruckt. Besonders in der Westschweiz seien unerwartet viele auf die Strasse gegangen, um ihren Unmut über die Arbeitsbedingungen auszudrücken. Mit einer solchen Mobilisierung habe niemand gerechnet. Ein positiver Verstärker sei das daher nicht zuletzt für den Zusammenhalt unter den Bauarbeitenden und für das Vertrauen in die Gewerkschaften, ist Tscherrig überzeugt. «Die Arbeitgeber haben das Erstarken der Kampfbereitschaft ebenfalls beobachtet. Das dürfte uns langfristig helfen, unseren Forderungen Nachdruck zu verleihen.»

GAV des Baukader

Einen Tag nach dem LMV steht auch das Ergebnis aus den Verhandlungen beim Baukader fest. Dieses besitzt einen eigenen Gesamtarbeitsvertrag. «Mit grosser Enttäuschung stellten wir fest, dass die Baumeister nicht bereit waren, den Polieren eine Lohnerhöhung zu gewähren. Der Markt werde dies regeln, hiess es», resümiert Tscherrig. Mit anderen Worten: Die Baumeister verweigerten eine Lohnerhöhung auf die Effektivlöhne. Somit konnte leider nur eine Vereinbarung für eine Erhöhung der Mindestlöhne von 100 Franken und der Nachvollzug der LMV-Anpassungen vereinbart werden.

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