Private Spitex: Es braucht einen GAV
Die Nachfrage nach Spitex-Dienstleistungen steigt ungebremst – wie auch die Zahl an privaten Spitex-Organisationen mit teils fragwürdigen Geschäftsmodellen.
Um die gestiegene und weiter steigende Nachfrage nach Spitex-Dienstleistungen zu decken, braucht es wohl auch private Anbieter.
In vielen Gemeinden und Kantonen wird aber nur die sogenannt gemeinnützige Spitex subventioniert und bei Ausschreibungen von Leistungsaufträgen berücksichtigt. Die Rechnung für diese ungleich langen Finanzierungsspiesse bezahlen die Angestellten bei den Privaten: mit meist deutlich schlechtere Lohn- und Arbeitsbedingungen.
Die private Spitex-Branche hat deswegen zunehmend ein Imageproblem: Sie muss unbedingt für gute und rechtskonforme Arbeitsbedingungen sorgen.
1 Tag für 3 Einsätze
Der Wildwuchs bei den Arbeitsbedingungen ist alarmierend.
Sicher dürfen nicht alle privaten Spitex-Anbieter unter Generalverdacht gestellt werden. Aber Syna legen zahlreiche Arbeitsverträge und Monatsabrechnungen vor. Diese belegen, dass das Lohnniveau deutlich tiefer ist und die geleistete Arbeitszeit ungenügend angerechnet wird.
Zum Beispiel bei den Wegzeiten zwischen den Einsätzen: Vielfach liegen die Einsatzorte geographisch weit auseinander oder am anderen Ende der Stadt – das braucht Zeit. Den Angestellten werden die Wegstrecken nur teilweise oder gar nicht als Arbeitszeit angerechnet. Sie leisten einen erheblichen Teil davon schlicht und einfach gratis!
Problematisch ist zudem, dass die Einsätze über den ganzen Tag hinweg angeordnet werden, sodass es nicht möglich ist, zwischendurch heimzukehren, um zum Beispiel die Familie zu versorgen. So können Angestellte für lediglich drei Einsätze einen ganzen Arbeitstag lang unterwegs sein, während ihnen aber nur der effektive Einsatz vor Ort als Arbeitszeit angerechnet wird.
GAV kann Abhilfe schaffen
Syna ist mit dem nationalen Dachverband für die private Spitex-Branche (ASPS) im Gespräch. Die Arbeitgeberseite hat durchaus erkannt, dass es allgemeingültige Standards für Arbeitsbedingungen braucht, die den Besonderheiten der Branche Rechnung tragen und den dubiosen Anbietern in der Branche den Riegel schieben.
Nur ein GAV kann Ansehen und Glaubwürdigkeit der privaten Spitex-Branche steigern und sie im Verteilkampf um öffentliche Gelder und Leistungsaufträge unterstützen.
Dann wird sie auch entsprechend qualifiziertes Personal finden – sowie Patientinnen und Patienten, die bereit sind, einen etwas höheren Preis zu bezahlen.
Weitere Auskünfte
Irene Darwich, Leiterin Sektor Dienstleistungen