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«Wir dürfen uns nicht alles bieten lassen!»

Elif Meral arbeitet als Verkäuferin im Detailhandel. In ihrem gelernten Beruf gibt sie stets vollen Einsatz. Auch wenn es darum geht, sich für ihre eigenen Rechte und die ihrer Arbeitskolleg/-innen einzusetzen. 

Ich habe meinen Beruf bewusst gewählt, denn ich habe gerne Kundenkontakt. Meine Lehre in einem Schuhgeschäft hat mir gefallen. Damals waren auch die Arbeitszeiten noch ok – im Gegensatz zu heute, wo du immer einsatzbereit sein sollst.

Später habe ich in ein grosses Detailhandelsunternehmen gewechselt. Die Arbeitsbedingungen dort waren katastrophal. Der Filialleiter hat seine privaten Kollegen und Familienmitglieder angestellt und diese bevorzugt behandelt. Andere, die ihm nicht passten, liess er dafür dauernd Minusstunden machen. Entweder schickte er sie spontan nach Hause oder rechnete ihnen geleistete Stunden nicht ab. Zunächst fiel es mir nicht auf. Doch dann wurde ich zur Assistentin befördert. Das heisst: Ich erledigte die Arbeit des Filialleiters im Laden, übernahm die Schichtleitung und rannte herum, während er im Büro vor seinem Computer sass. Jetzt merkte ich schnell, was der Filialleiter alles so trieb. 

Zusammen gewehrt
Ich tat mich dann mit vier Frauen aus dem Team zusammen: Wir wandten uns an die interne Vertrauensperson des Unternehmens. Sie hätte zwischen uns und dem Filialleiter vermitteln sollen. Doch sie war persönlich mit ihm befreundet und sprach hinter unserem Rücken mit ihm. Zudem schaltete sie den Regionalleiter ein, den sie ebenfalls gut kannte. Anstatt uns zu helfen wollte sie uns fertigmachen.

Ich wurde immer mal wieder ins Büro des Filialleiters bestellt. Dann sassen sie zu zweit vor mir und bearbeiteten mich: Ich sollte aufhören, mich zu beschweren. Ich sollte unterschreiben, dass ich mich in eine andere Filiale versetzen lasse. So machen sie es gerne: Passt ihnen etwas nicht, dann bestellen sich dich ins Büro. Dort sitzt du allein mehreren Vorgesetzten gegenüber. Sie halten dir einen Zettel vor und nötigen dich, diesen zu unterschreiben: Entweder sollst du deine Minusstunden akzeptieren oder sogar deine eigene Kündigung unterschreiben! Ich habe mein Team immer gewarnt: Unterschreibt nichts. Sie können euch nicht zwingen! 

«Ich habe mich immer gewehrt, auch für andere.»

Elif Meral
Verstärkung bei Syna geholt
Weil ich Syna-Mitglied bin, wandte ich mich mit unseren Problemen an mein Regionalsekretariat. Syna vermittelte in der Zentrale unseres Arbeitgebers. Der Filialleiter kassierte anschliessend eine Verwarnung. Inzwischen leitet er eine andere, noch grössere, Filiale…

Ich habe danach die Stelle gewechselt. Leider machte ich aber erneut schlechte Erfahrungen: Mein Chef bezahlte den Lohn oft nicht pünktlich und zahlte mir zu wenig Stunden aus. Ich habe wieder Syna kontaktiert. Nach einer Warnung von der Gewerkschaft hat mein Chef alle Stunden nachgezahlt.

Heute arbeite ich im Verkauf bei Fielmann, hier gefällt es mir gut. Auch da ist nicht alles perfekt. Aber wir werden anständig behandelt und es herrscht ein gutes, professionelles Arbeitsklima. 

Missstände in der Branche 

Es ist nicht überall gleich in der Branche. Doch an vielen Orten wirst du ausgenutzt. Du verdienst vielleicht mehr als den Mindestlohn. Aber du plackst dich dafür ab! Es hat ständig zu wenig Personal, du machst Doppelschichten, packst stundenlang Paletten aus – auch als Frau. Und der Druck von oben wird nach unten weitergegeben: Wenn der Tagesumsatz nicht stimmt, dann werden Angestellte nach Hause geschickt, um die Personalkosten zu senken. 

Stopp – so nicht! 

Ich habe mich immer gewehrt, auch für andere. Ich habe mich vor mein Team gestellt und klar gesagt, was nicht geht. Ich würde immer wieder gleich handeln: Wir dürfen uns nicht alles bieten lassen!

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