Nur wenige Gesundheitsinstitutionen erkennen die Umkleidezeit tatsächlich als Arbeitszeit an. Und das ist keine Kleinigkeit. Ob es den Arbeitgebenden passt oder nicht: Es handelt sich um mindestens eine zusätzliche Ferienwoche pro Jahr. Das ist kostbare Zeit zum Ausruhen, die dem ohnehin schon erschöpften Gesundheitspersonal derzeit genommen wird.
Der Grundsatz «Umkleidezeit = Arbeitszeit» ist nicht verhandelbar. Er ist eine Vorgabe des Arbeitsgesetzes (ArG), die vom Seco im Februar 2019 bestätigt wurde. Alle dem Arbeitsgesetz unterliegenden Gesundheitsinstitutionen sind verpflichtet, diese einzuhalten. Trotz dieser klaren Ausgangslage will der Schweizer Spitaldachverband (H+) keine Stellung zu diesem Thema nehmen. Mit dem Argument, er habe keine Befugnis, Empfehlungen an seine Mitglieder abzugeben, verweist er Syna an die einzelnen Institutionen, um individuelle Lösungen zu suchen.
Anders sieht das Curaviva, der Dachverband der Pflegeheime. Er hat bereits im Juli 2019 anerkannt, dass das Umkleiden als Arbeitszeit berücksichtigt werden sollte und eine dementsprechende Empfehlung an die kantonalen Alters- und Pflegeheime herausgegeben.
Meldung an kantonale Behörden
Bis heute haben jedoch, trotz Druck von Syna und anderen Arbeitnehmendenverbänden, nur wenige Institutionen die Umkleidezeit tatsächlich als Arbeitszeit anerkannt. Angesichts dieser Weigerung oder mangelnden Bereitschaft einiger Spital- oder Heimleitungen bleibt oft keine andere Wahl, als die Forderung den zuständigen kantonalen Behörden zu melden. Dies zeigt Wirkung: Die Leitung wird in so einem Fall auf die Verpflichtung zur schnellstmöglichen Einhaltung des Arbeitsgesetzes und auf bevorstehende Kontrollen hingewiesen. Das kann teuer werden. Denn landet der Fall vor Gericht, kann dieses veranlassen, dass die Umkleidezeit bis fünf Jahre rückwirkend vergütet werden muss.
Mindestens 10 Minuten pro Tag
Die Umkleidezeit gilt nicht nur für Pflegekräfte, sondern für alle Arbeitnehmenden, für die das Tragen von Arbeitskleidung Teil des Arbeitsprozesses ist und am Arbeitsplatz erfolgt – sei es aus Gründen der Sicherheit, Hygiene oder Gesundheit oder auf Wunsch des Arbeitgebenden. Das schliesst somit auch das Personal in der Reinigung, Hauswirtschaft oder Küche, sowie in medizinisch-technischen Berufen mit ein.
Dort, wo es bereits Regelungen gibt, oder die Sozialpartner gerade darüber verhandeln, zählt die Umkleidezeit in der Regel 10 Minuten pro Dienst (5 für das An- und 5 für das Ausziehen der Arbeitskleidung). Bei geteilten Diensten kann dies also 20 Minuten pro Tag ausmachen. In der Regel wird diese Zeit entweder gestempelt (und damit tatsächlich zusätzlich zur normalen Arbeitszeit geleistet), oder nicht gestempelt, aber abgerechnet. Diese Zeit wird entweder ausbezahlt oder kompensiert.
Eine einfache Unannehmlichkeit im Dienst?! Absurd
Gewisse Spitäler schrecken vor nichts zurück und anerkennen die Umkleidezeit nicht als Arbeitszeit, nicht als normale Aufgabe, sondern als eine einfache Unannehmlichkeit im Dienst, die zum Dienst gehört. Sie würden die Umkleidezeit lieber wie beispielsweise die Wartezeit beim Pikettdienst behandeln und pauschal auszahlen, anstatt sie mit dem individuellen Lohn zu verrechnen. Aus dieser Perspektive werden Dienstfahrten bald keine Arbeit mehr sein, sondern eine Unannehmlichkeit im Dienst, und schliesslich wird wohl sogar die Patientenbetreuung zur ehrenamtlichen Arbeit!
Du willst mithelfen, dass sich dies endlich ändert? Sprich darüber mit deinen Kolleginnen und Kollegen. Tauscht euch aus, mobilisiert euch! Dein Syna-Regionalsekretariat unterstützt dich und liefert dir gerne weitere Informationen zum Thema Umkleidezeit.