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Lohndiskriminierung: Toleranzschwelle gehört abgeschafft

Trotz fehlender rechtlicher Verankerung wenden Unternehmen bei der Analyse von Lohndiskriminierungen zwischen Frauen und Männern eine Toleranzschwelle von 5% an. Nun wurde die Legitimität dieser Toleranzschwelle im Rahmen einer Studie überprüft. Travail.Suisse, Dachverband von Syna, begrüsst diese fundierte Analyse. Die Schlussfolgerung der Studie, die Toleranzschwelle müsse lediglich auf 2.5% halbiert werden, ist jedoch schwer nachvollziehbar. Travail.Suisse fordert ein Ende der Diskriminierungstoleranz und eine vollständige Abschaffung der Toleranzschwelle.

Im Auftrag des Eidgenössischen Büros für die Gleichstellung von Frau und Mann (EBG) hat das Büro für arbeits- und sozialpolitische Studien (Büro BASS) die Legitimität der Toleranzschwelle von 5% überprüft. Bei Lohnanalysen, welche die Lohndiskriminierung zwischen Frauen und Männern in den Unternehmen messen, wird diese Schwelle häufig ins Feld geführt, um eine Lohndiskriminierung unter 5% als akzeptabel zu beurteilen.

Dabei besteht für die Toleranzschwelle keinerlei Grundlage in einem Rechtstext oder einer Verordnung. Dies hält auch das Büro BASS in seiner Analyse fest. Auch methodisch lasse sich die Toleranzschwelle von 5% kaum mehr rechtfertigen, da das vom Bund zur Verfügung gestellte Analyse-Tool (Logib) stetig verbessert wurde und heute kaum mehr verfälschte Resultate liefert. Die Studie hält fest, dass aufgrund der angewandten Toleranzschwelle nur die gravierendsten Fälle von Lohndiskriminierung festgestellt werden und der Sensibilisierungseffekt erheblich gemindert wird. Das Büro BASS kommt deshalb zum Schluss, dass die Toleranzschwelle auf 2.5% halbiert werden solle. Diese Anpassung der Toleranzschwelle könne gemäss der Analyse durch das EBG vorgenommen werden.

Travail.Suisse begrüsst, dass die Diskussion rund um die Toleranzschwelle mit der Studie eine sachliche Grundlage erhält. Das Festhalten an einer Toleranzschwelle erstaunt allerdings. «Lohndiskriminierung braucht keine Toleranz. Die Toleranzschwelle führt vielmehr dazu, dass die Lohnanalysen zu einer Alibiübung verkommen», so Valérie Borioli Sandoz, Leiterin Gleichstellungspolitik bei Travail.Suisse. «Das Eidgenössische Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann muss nun seine Kompetenz wahrnehmen und die Toleranzschwelle komplett aufheben», so Borioli Sandoz.

Unternehmen, die diskriminierende Löhne bezahlen, müssen heute weder Gegenmassnahmen ergreifen, noch haben sie Sanktionen zu befürchten. Vor diesem Hintergrund ist die Toleranzschwelle umso unverständlicher. Dabei gilt es zu bedenken, dass die Lohnanalysen immer die durchschnittliche Lohndiskriminierung in einem Betrieb messen, die effektive Lohndiskriminierung zwischen einzelnen Arbeitnehmenden dürfte in vielen Fällen deutlich höher liegen. «Die Toleranzschwelle vermittelt den Arbeitnehmenden und den Unternehmen ein falsches Bild der effektiven Situation. Dadurch wird verhindert, dass die Lohnanalysen als Grundlage für eine Anpassung der Löhne genutzt und damit zu einer Aufhebung der Lohndiskriminierung eingesetzt werden», so Thomas Bauer, Leiter Wirtschaftspolitik.

Damit Unternehmen wenigstens die Lohnanalysen gesetzeskonform durchführen, hat Travail.Suisse eine schwarze Liste eröffnet, auf der ab Juli 2023 anonym gemeldete Unternehmen aufgeführt werden, die sich nicht an die gesetzlichen Bestimmungen halten und die Lohnanalysen nicht durchgeführt haben (Schwarze Liste | RESPECT8-3.CH).

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