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«Diesen Weg müssen wir weitergehen»

1998 schlossen sich Arbeitnehmerverbände zu Syna zusammen, um gemeinsam für bessere Arbeitsbedingungen zu kämpfen. Für Präsident Arno Kerst ist klar: Das Aushandeln von Gesamtarbeitsverträgen (GAV) ist der Erfolgsfaktor dieser Geschichte – und die neuste Kritik an der Sozialpartnerschaft eine Angriff auf die Würde der Arbeitnehmenden.

Man will die wirtschaftliche und wohl auch politische Mitbestimmung der Arbeitnehmenden zurückbinden, sogar auf Kosten des sozialen Friedens. Das ist verantwortungslos!

Präsident Arno Kerst

Bei der Gründung hat sich Syna zum Ziel gesetzt, an Mitgliedern zu wachsen und sich im Dienstleistungssektor zu etablieren. Was konnten wir für unsere Mitglieder, für die Angestellten, tatsächlich erreichen?
Arno Kerst: Wir sind heute sicher eine anerkannte Kraft im Dienstleistungssektor – weil wir hier und auch in anderen Branchen über 100 GAV abgeschlossen haben. Sie garantieren, oft für die ganze Branche, stabile Arbeitsbedingungen – und Leistungen, die das Gesetz nicht vorschreibt, wie Mindestlöhne, einen 13. Monatslohn oder auch Vorruhestandsmodelle. Sie erscheinen heute fast selbstverständlich, sind es aber nicht!
Die GAV sind das wichtigste Instrument für den sozialen Fortschritt in den letzten 20 Jahren. Darauf bin ich stolz. Zudem sichern GAV den sozialen Frieden, denn sie werden gemeinsam am Tisch ausgehandelt. Sie sind auch ein Erfolg für die Arbeitgeber.

Genau zum Jubiläum gibt es aber Kritik an den GAV: Bei der Präsentation ihrer «Begrenzungsinitiative» sprach die SVP davon, dass diese Verträge nur Bürokratie bringen würden und eine Geldmaschine für die Gewerkschaften seien …
Offenbar werden wir also ernst genommen! Ehrlich: Wer so redet, will einfach nur einseitig über Löhne und Arbeitsbedingungen bestimmen, um den Gewinn zu maximieren. Man will die wirtschaftliche und wohl auch politische Mitbestimmung der Arbeitnehmenden zurückbinden, sogar auf Kosten des sozialen Friedens. Das ist verantwortungslos!
Mit einem GAV einigen sich Sozialpartner selbständig auf Arbeitsbedingungen und deren Überwachung. Müsste das der Staat tun, würde es viel teurer. Apropos teuer: Was Arbeitgeber und Arbeitnehmende in einen paritätischen Fonds einzahlen, wird solidarisch für die Ausbildung eingesetzt und für Kontrollen zum Beispiel der flankierenden Massnahmen.

Die Spitze der SVP interessiert sich offenbar nicht für die Menschen, die auf dem Bau oder in der Gastronomie arbeiten. Sie kennt nicht die Angst von über 50-Jährigen, ihren Job zu verlieren. Und sie interessiert sich nicht für junge Paare, die oft nur mit viel Mühe Job, Familie und Gesundheit unter einen Hut bringen.

Präsident Arno Kerst

Ebendiese flankierenden Massnahmen sind für die SVP der Grund allen Übels: Angeblich sei mit ihnen keine Vertragsfreiheit zwischen Arbeitgebern und Angestellten möglich. Die vielen Kontrollen würden zudem flexibles Arbeiten verhindern.
Hier von Freiheit zu sprechen, ist zynisch! Das ist meistens nur die Freiheit des Patrons, nicht der Angestellten. Wollen wir tatsächlich wieder in die Zeit des Landesstreiks zurück, als es für Arbeitnehmende keinen Schutz gab? Die SVP macht die Sozialpartnerschaft, den Gesundheitsschutz und den Schutz vor Lohndumping schlecht. Das ist – um einen für uns wichtigen Begriff zu nennen – ein Angriff auf die Würde aller Arbeitnehmenden!
Die Spitze der SVP interessiert sich offenbar nicht für die Menschen, die auf dem Bau oder in der Gastronomie arbeiten. Sie kennt nicht die Angst von über 50-Jährigen, ihren Job zu verlieren. Und sie interessiert sich nicht für junge Paare, die oft nur mit viel Mühe Job, Familie und Gesundheit unter einen Hut bringen. Für diese Menschen verteidigen wir das Arbeitsgesetz, die Sozialpartnerschaft und die flankierenden Massnahmen.

Aber Hand aufs Herz: Ist die Personenfreizügigkeit nicht vor allem für die Arbeitnehmenden ein Risiko? Wenn Ausländer nur kontrolliert in die Schweiz kommen könnten, bräuchte es gar keine flankierenden Massnahmen ...
Wir können nicht so tun, als gäbe es um die Schweiz herum keine Welt! Wenn Unternehmen Erfolg haben und Arbeit anbieten wollen, sind sie auf den Zugang zu internationalen Märkten angewiesen. Ohne Personenfreizügigkeit gibt es diesen nicht.
Deshalb sind auch die Arbeitnehmenden daran interessiert – solange Löhne und Arbeitsbedingungen im Inland garantiert und kontrolliert sind. Dazu braucht es keine übertriebene Bürokratie, aber es braucht eine Sozialpartnerschaft auf Augenhöhe: Arbeitgeber und Arbeitnehmende müssen zusammen Lösungen suchen. Mit den GAV machen sie das. Deshalb müssen wir diesen Weg weitergehen.

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