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GAV für Basel - ein lohnender Blick nach Waadt

Ende Mai hat Architektur Basel zusammen mit der Syna die Petition für einen Gesamtarbeitsvertrag (GAV) gestartet. Diese soll faire Bedingungen für alle Arbeitnehmer/-innen in beiden Basel schaffen. Der Kanton Waadt hat den GAV für Architektinnen und Ingenieure bereits 2019 eingeführt und 2023 überarbeitet. Die gewonnen Erfahrungswerte aus der Westschweiz interessieren uns besonders. Marie-Sabine Jaccard vom SIA Waadt, Nicolas de Courten der ein erfolgreiches junges Büro in Lausanne führt sowie Jonas Dévaud als arbeitnehmender Architekt beantworten unsere drängendsten Fragen und geben einen durchwegs motivierenden, lohnender Einblick.

Der GAV ist unser wichtigstes Mittel, um angemessene Löhne und Honorare zu sichern

Alle drei Befragten äusserten sich positiv zu den Auswirkungen des GAV. «Der GAV schafft Rahmenbedingungen, die die Einhaltung der Mindestrechte von Arbeitnehmenden ermöglichen und das Risiko von Lohndumping begrenzen.» schildert Jonas Dévaud seine Sicht als Arbeitnehmer. Noch einen Schritt weiter geht Marie-Sabine Jaccard vom SIA in ihrer Einschätzung: «Der GAV ist unser wichtigstes Mittel, um uns nach der Revision der HBO und den Empfehlungen der KBOB angemessene Löhne und Honorare zu sichern. Die Mitglieder des SIA Waadt haben dies gut verstanden und diesen GAV in ihrer überwiegenden Mehrheit mit Begeisterung aufgenommen.» Einige Büros hätten sich zwar Sorgen gemacht wegen der Mindestlöhne, aber die Büros gebe es noch immer und nach einigen Jahren verstehe jeder im Kanton den Nutzen des GAV. Die Mindestlöhne sind im Vertrag moderat angesetzt. Ein Architekt mit Masterabschluss erhält beispielsweise ab Studium 12 Monatslöhne à Fr. 5130.-. Wenn man gute, qualifizierte Arbeitnehmer/-innen einstellen will, muss man auch bereits jetzt in den beiden Basel einen Lohn in dieser Grössenordung bieten. Nicolas de Courten als junger Arbeitgeber meint, dass die meisten Büros es sehr gut finden, dass ein Tarifvertrag die Arbeitsbedingungen rahmt. «Dadurch können Missbräuche eingeschränkt und gemeinsame Regeln festgelegt werden. Der einzige Punkt, den ich bedauerlich finde, ist die fehlende Einheitlichkeit der Kantone, die keinen Gesamtarbeitsvertrag haben.» Die Bemühungen in Basel werden daher sehr begrüsst. Basel hat als Architekturstadt nun die Möglichkeit ein Zeichen zu setzten und mit dem Kanton Waadt eine Vorreiterposition gegenüber den anderen Kantonen einzunehmen. «Aus meiner Sicht schränkt die Vereinbarung zu niedrige Honorarangebote ein. Ein Grund mehr, sie in der ganzen Schweiz durchzusetzen.» so Nicolas.

Faire Arbeitsbedingungen für beide Seiten

Jonas Dévaud glaubt an das gesteigerte Sicherheitsgefühl für Arbeitnehmer: «Der Vertrag setzt Leitplanken und macht es den Beschäftigten leichter, ihre Rechte zu verteidigen.» Auch seitens Arbeitgeber ist es einfacher, wenn für alle dieselben Spielregeln gelten: «Der Vertrag verpflichtet uns, fünf Wochen Ferien pro Jahr zu geben, begrenzt die Überstunden und legt Mindestlöhne fest. Die Regeln sind für alle gleich, zumindest im Kanton. Das erspart einem die Mühe, dies selbst festzulegen», so Nicolas de Courten. Welche harten Faktoren in den GAV der beiden Basel aufgenommen werden ist Verhandlungssache zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretende. Der Mindestlohn oder die Anzahl Ferientage sind zwei Beispiele dazu. Vieles regelt bereits das Arbeitsgesetz, zum Beispiel der Umgang mit den Überstunden. Doch die Arbeitnehmenden kennen ihre Rechte zu wenig und können diese oft auch nicht durchsetzen. Daher steigert ein GAV faire Arbeitsbedingungen und die Parteien können sich bei Unsicherheiten oder Verdachtsfällen sehr einfach an die paritätische Berufskommission wenden.

Initiative in Waadt kam von der Arbeitgeberseite

Im Kanton Waadt wurde der Gesamtarbeitsvertrag von Seite des Arbeitgeberverbands (l'Union Patronale des Ingénieurs et Architectes vaudois) gewünscht und lanciert. Einen gleichwertigen, reinen Arbeitgeberverband kennen wir in Basel nicht. Bevor der GAV im Kanton Waadt allgemeingültig erklärt wurde, konnten die Mitgliederbüros der Arbeitgeberverbände diesen freiwillig annehmen. Der Waadtländer GAV ist seit 2019 allgemeinverbindlich, was bedeutet, dass er nun für alle Büros auf Waadtländer Boden gilt, unabhängig davon, ob sie Mitglieder der unterzeichnenden Verbände sind oder nicht. «Für alle gelten nun dieselben Spielregeln, dank der Initiative der unterzeichnenden Verbände, zu denen auch der SIA Waadt gehört» so Sabine Jaccard. Um einen allgemeinverbindlichen GAV zu erhalten, muss man eine Vielzahl von Kriterien erfüllen, insbesondere in Bezug auf die Quoten der gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmenden und der Arbeitgeberunternehmen, die Mitglieder der unterzeichnenden Verbände sind. Im Kanton Waadt gilt der SIA Waadt als Vertreter der Arbeitgebenden. «Bei den Verhandlungen haben wir stets darauf geachtet, beide Seiten zu vertreten, die unsere Mitglieder repräsentieren: Arbeitgebende und Arbeitnehmende. Die Spannungspunkte in den Verhandlungen waren vor allem die Löhne auf der einen Seite und die Nacht- und Wochenendarbeit auf der anderen Seite (Wettbewerbe...). Es gelang uns, dies so zu regeln, dass nicht nur die Arbeitgebenden, sondern auch die Arbeitnehmenden eine konstruktive Lösung sahen.» Dieser Punkt ist für Basel nicht ganz unwesentlich: Der SIA Basel wollte bisher keine aktive Rolle in den Verhandlungen einnehmen, weil er kein klassischer Arbeitgeberverband ist. Der SIA Waadt war da flexibler: «Jeder unterzeichnende Verband vertrat eine ganz bestimmte Interessengruppe, aber bei den manchmal sehr harten Verhandlungen haben wir immer darauf geachtet, die beste Lösung für alle Akteure in unseren Berufen, Arbeitgeber wie Arbeitnehmer, zu finden.»

Wir danken Marie-Sabine Jaccard, Nicolas de Courten und Jonas Dévaud herzlich für ihre Ausführungen und den durchwegs positiven Einblick. Wir freuen uns, wenn sie auch euch motivieren, die Petition zu unterschreiben, um für fairere Arbeitsbedingungen in den beiden Basel zu sorgen.

Jetzt Petition unterzeichnen!

Die Arbeitsbedingungen in der Architekturbranche entsprechen oft nicht den hohen Anforderungen und der erbrachten Leistung: Löhne stagnieren, Sozialleistungen sind auf dem Minimum und die Arbeitszeit wird oft überstrapaziert. Dies soll sich ändern: Ein Gesamtarbeitsvertrag (GAV) soll faire Bedingungen für alle Arbeitnehmer/-innen schaffen. 

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