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Hausarbeit ist auch Arbeit!

Bis heute hat sich Josepina in ihrem Leben um insgesamt 14 Kinder gekümmert. Mit ihren 80 Jahren erledigt sie immer noch den Haushalt und hütet ihre Urenkelkinder. Von ihrer kleinen Rente kann sie kaum leben – trotz der vielen Arbeit, die sie in all den Jahren geleistet hat.

In Italien auf dem Land aufgewachsen, kam Josepina mit 19 Jahren nach Lausanne. Ihr Ehemann hatte dort eine Arbeit in einer Fabrik gefunden und deren Besitzer stellte Josepina als Kindermädchen ein. Nach der Geburt von 2 Kindern begann die junge Mutter, in einer Fabrik zu arbeiten, wo sie die Maschinen putzte.

Josepina, du hast in der Fabrik gearbeitet und gleichzeitig die Kinder aufgezogen? 

 Ja, während ich arbeitete, waren die Kinder im Hort. Aber sie wurden ständig krank und ich musste sie abholen. Also hörte ich in der Fabrik auf, um meine Kinder zuhause zu betreuen. Mein Mann schickte mich nicht mehr zur Arbeit.

Warst du damit einverstanden? 

«Wäre ich heute jung, würde ich mehr arbeiten, um Geld und Freunde zu haben.»

Natürlich war ich einverstanden. Wir waren immer einverstanden. Nun, eigentlich hatten wir gar keine Wahl, es war eine andere Zeit damals. Wäre ich heute jung, würde ich mehr arbeiten, um Geld und Freunde zu haben – anstatt ganz allein zuhause zu sein. Ich war die ganze Zeit allein, das tat mir nicht gut.

Hast du seither keine bezahlte Arbeit mehr angenommen? 

Nein, seit ich die Arbeit in der Fabrik gekündigt hatte, arbeitete ich immer zuhause. Ich zog meine 2 Kinder gross, manchmal passte ich auch auf die Kinder meines Bruders auf. Um ein bisschen Geld dazuzuverdienen, hütete ich 3 Jahre lang ein weiteres Kind. Später kümmerte ich mich um meine Enkelkinder, da eine meiner Töchter Probleme mit ihrem Mann hatte und die andere arbeiten musste.
Bis heute koche ich, erledige den Haushalt und hüte meine Urenkelkinder. Insgesamt habe ich mich um 14 Kinder gekümmert.

Reichte der Lohn deines Mannes für die ganze Familie? 

Nein, sein Gehalt als Mechaniker reichte nicht, aber mit Zusatzarbeiten verdiente er immer etwas dazu. Noch heute, im Alter von 82 Jahren, arbeitet er vormittags in der gleichen Fabrik.

Und von der Rente könnt ihr gut leben? 

Es reicht grad zum Überleben. Wir müssen den Gürtel wirklich eng schnallen: In den letzten 10 Jahren waren wir nicht mehr in den Ferien, nicht einmal, um die Familie in Italien zu besuchen. Wir erhalten beide je 1700 Franken im Monat. Das Geld der 2. Säule haben wir ins Haus investiert. Um eine Hälfte des Hauses unterzuvermieten, haben wir all unsere Möbel in den unteren Teil des Hauses gestellt.
Auch für die Enkelkinder braucht es immer wieder einen Zustupf bei Geburtstagen oder anderen Festen. Ich würde alles geben für meine Kinder.

Denkst du, dass es noch andere Frauen in der gleichen Situation gibt? 

«Ein kleiner Lohn für die Frauen, die für das Familienleben arbeiten, wäre nur recht.»  

Ja, ich kenne einige Frauen in meiner Lage, vor allem Ausländerinnen. Gewisse sind sogar noch in einer schlimmeren Situation, ohne Mann und mit einer noch tieferen Rente. Das ist nicht fair. Wir haben alle gearbeitet – einige tun es immer noch. Hausarbeit ist auch Arbeit.
Eine Frau mit zwei oder drei Kindern zuhause leistet mehr als ein erwerbstätiger Mann! Ein kleiner Lohn für die Frauen, die für das Familienleben arbeiten, wäre nur recht.

Was rätst du deinen Urenkelinnen? 

Ich rate ihnen, ihr Leben zu geniessen und nicht zu früh Kinder zu bekommen. Heutzutage gibt es glücklicherweise viele junge Männer, die sich um die Kinder kümmern. Wenn sie wollen, können es die Männer auch.

Wirst du am Frauen*streik mitmachen? 

«Die Frauen müssen demonstrieren und sich wehren, sonst erreichen sie nichts.»

Nein, ich werde nicht teilnehmen, weil ich nicht mehr gut zu Fuss bin. Aber ich unterstütze den Streik. Die Frauen müssen demonstrieren und sich wehren, sonst erreichen sie nichts. Es leben die Frauen!

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