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Wiedereinstieg mit Hindernissen

Marina Walter*, 32 Jahre alt, ist als Juristin bei einer Versicherungsgesellschaft tätig und zum ersten Mal Mutter geworden. Nach dem Mutterschaftsurlaub kehrt sie wieder in den Arbeitsalltag zurück. Doch die anfängliche Freude und die Muttergefühle werden schnell von Alltag überschattet.

Beispiele wie das von Marina gibt es viele – vor allem bei Frauen, die gute Karriereaussichten hatten. Es beginnt schon damit, dass Mütter mindestens 14 Wochen vom Arbeitsplatz weg sind. Meist ist es sogar länger, da sie oft ihren Urlaub an den Mutterschaftsurlaub anknüpfen.
Bei Marina waren es total 18 Wochen, in denen sie abwesend war. Sie durfte nach der Niederkunft sogar ihr Pensum reduzieren und war ihrem Arbeitgeber für seine Grosszügigkeit sehr dankbar. Aber wie viel sich in 18 Wochen verändern kann, wurde ihr erst nach der Rückkehr am Arbeitsplatz bewusst. Ihre besten Kunden wurden nun von ihrem Kollegen betreut. Ihr wurden wegen dem Teilzeitpensum weniger wichtige Kunden zugeteilt.
Beginn mit Hindernissen 

Die neuen Kunden müssen kennengelernt werden, das braucht Zeit. Kolleginnen und Kollegen sowie Kunden haben jedoch kaum Verständnis für das Teilzeitpensum. Hinzu kommt, dass Marina täglich mehrmals Muttermilch abpumpen muss. Dies ist während der Arbeit gesetzlich erlaubt. Der Arbeitgeber muss sogar einen Ruheraum zur Verfügung stellen. Dieser entpuppt sich bei den meisten Arbeitgebern aber als Damentoilette oder Abstellkammer, in der man nicht weiter arbeiten kann.

Familie und Karriere 

Die Schwierigkeiten sind nicht nur zu Beginn des Wiedereinstiegs da; auch danach braucht es eine gute Organisation und viele helfende Hände. In der Arbeitswelt ist es schwierig, mit der Präsenz der Kinderlosen mitzuhalten. Ständig wurde Marina auf ihre geringere Anwesenheit hingewiesen, obwohl sie auch ausserhalb der Arbeitszeit telefonisch erreichbar war und nach einer Abwesenheit wegen einer Krankheit des Kindes die Arbeit in ihrer Freizeit nachholte. Dennoch wurde ihr im Arbeitsalltag wiederholt unterschwellig klargemacht, dass sie ihre Arbeit nicht ernst nehme.

In der Schweiz gab es 2013 rund 50 000 Frauen mit einem Hochschulabschluss, die als Hausfrau tätig waren. Das liegt hauptsächlich daran, dass in der Schweiz das Fortsetzen einer Karriere nach der Mutterschaft nicht selbstverständlich ist.

Vorurteile gegenüber berufstätigen Müttern 

Die Mehrheit der Gesellschaft denkt, dass die Kinderbetreuung durch die Mutter am besten sei für die Kinder. Dieses Vorurteil, das in vielen Studien widerlegt wurde, hält sich eisern. Insbesondere Mütter mit einem Vollzeitpensum werden stark kritisiert.
Selbst mit einem Teilzeitpensum bekam Marina diese Einstellung deutlich zu spüren. Vor allem andere Mütter kommentierten ihre An- beziehungsweise Abwesenheit mit «Muss der Kleine schon wieder in die Krippe?» oder «Du Arme kommst erst jetzt nach Hause, der Kleine hat Dich sicher vermisst.»
Die unterschwellige Kritik verunsicherte Marina. Sie bekam den Eindruck, als würde sie durch ihren Berufswunsch ihrer Familie schaden. Sie hatte das Gefühl, weder der Arbeit noch der Familie gerecht zu werden. Ein Dilemma, dass viele berufstätige Mütter dazu bewegt, ihre Arbeit aufzugeben und ganz für die Familie da zu sein. Schliesslich kündigte Marina.

Gesetzliche Grundlage 

Diese Geschichte zeigt die gesellschaftlichen Hürden, die noch überwunden werden müssen. Vielen Frauen ergeht es aber weitaus schlimmer. Es gibt Arbeitgeber, die nach der gesetzlichen Kündigungssperre am ersten Arbeitstag die Kündigung aussprechen. Oft werden Mitarbeiterinnen, die das Pensum nicht reduzieren wollen, nach der Mutterschaft dazu genötigt. Auch hören wir von Frauen, die gegenüber Kinderlosen stark benachteiligt und so «herausgeekelt» werden.
Die Diskriminierung von Müttern ist in unserem Alltag omnipräsent. Und doch fällt sie nicht besonders auf, weil es als Privileg gesehen wird, Hausfrau zu sein. So werden viele Frauen diskriminiert.
Dagegen und gegen das traditionell verankerte Frauenbild kämpfen wir am 14. Juni beim Frauen*streik – jetzt streikts!


*Name geändert

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