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«Wir brauchen mehr Zeit und Personal»

Doris Mahler ist diplomierte Pflegefachfrau und arbeitet seit 30 Jahren bei der Rehab in Basel, einem Rehabilitationszentrum für Querschnittsgelähmte. Dort ist sie als Leiterin Hygiene tätig. Das sagt sie über ihre Arbeit im Gesundheitswesen.

Wie hast du die Corona-Pandemie erlebt? 

Doris Mahler: Die Situation war sehr herausfordernd. Niemand konnte das vorhersehen. Ich denke, wir haben die Lage in unserem Betrieb sehr gut gemeistert und konnten dabei viel Neues lernen. Wir konnten auch den Normalbetrieb aufrechterhalten. Schwierigkeiten hatten wir wegen der Masken: Da gab es nur einen Minimalbestand, und es war auch nicht transparent, nach welchen Faktoren der Bundesrat das Material verteilte.

Was müsste sich im Gesundheitswesen verbessern? 

Wir brauchen mehr Zeit und Personal. Der Verteilschlüssel muss geändert werden, damit zum Beispiel im Akut-Bereich mehr Personal da ist, um die Patienten richtig zu versorgen. In der Rehabilitation brauchen wir vor allem mehr Öffentlichkeitsarbeit, damit unsere Tätigkeit besser anerkannt wird, denn die Pflege wird unterschätzt. Dabei ist die Langzeitpflege extrem komplex, und es braucht grosses und breites Fachwissen. Es herrscht allgemein ein Pflegenotstand. Auch bei uns in der Rehab haben wir zu wenige Bewerbende.

Man hört oft, dass das Tätigkeitsfeld komplexer geworden ist und immer mehr Aufgaben beinhaltet. 

Ja, das ist so. Das Pflegepersonal muss immer mehr dokumentieren und hat somit weniger Zeit für die Patientinnen und Patienten. Zum Beispiel müssen wir die Erbringung von Leistungen für die Krankenkasse dokumentieren und abrechnen. Allgemein hinkt die Entwicklung des Gesundheitssystems in der Schweiz sehr hinterher. Heute werden immer kürzere Aufenthalte verordnet, sodass die Nachbehandlung nicht seriös gemacht werden kann. Das führt dazu, dass die Patienten zu einem späteren Zeitpunkt erneut krank werden und wiederkommen. So werden auch keine Kosten gespart!

Du arbeitest nun seit einigen Jahrzehnten im Gesundheitsbereich. Wo hast du die schönste Zeit erlebt? 

Wahrscheinlich hier im Rehab, sonst wäre ich nicht seit 30 Jahren hier.

Und davor? 

Zuvor war ich in einem Spital in der Abteilung Gynäkologie und Geburtshilfe angestellt. Die Arbeit war eigentlich sehr schwer, denn wir mussten im Schichtbetrieb arbeiten. Während der Nachtschicht hatten wir zwei Stationen gleichzeitig zu betreuen. Aber ich bin eine Person, die sehr gerne und auch gerne viel arbeitet. Ich kam dabei oft an meine Grenzen. Doch es war eine sehr schöne Zeit, weil ich die Tätigkeit spannend und erfüllend fand.

Was hältst du vom Gehalt des Pflegepersonals? Ist es angemessen? 

Ich habe meine Ausbildung in Deutschland gemacht. Dort ist der Lohn definitiv zu tief. In der Schweiz ist es schwierig zu sagen, denn es gibt keine Transparenz. Niemand gibt an, wer wie viel verdient. Ich finde es aber auch wichtig, dass man sich nicht nur auf den Lohn fokussiert. Man kann auch andere Arbeitsbedingungen verbessern wie beispielsweise die Leistungen für die Pensionskasse. Es ist die wichtigste Absicherung im Alter, deshalb könnte man höhere Beiträge der Arbeitgeber in die Pensionskasse fördern.

Wieso bist du Mitglied bei Syna? 

Früher in Deutschland war ich beim Berufsverband für Pflegeberufe. Als ich dann in der Schweiz begann zu arbeiten, habe ich nicht mehr gross darüber nachgedacht. Da standen eines Tages deine Kollegen unten in der Halle, und ich bin sofort beigetreten, denn als junge Frau war ich schon gewerkschaftlich engagiert. Ich finde die Arbeit wichtig, welche die Gewerkschaften leisten! Bei Syna gefällt mir, dass ihr trotzdem versucht, Kompromisse zu finden und euch beide Seiten anzuhören. Es ist immer besser, kleine Schritte zu machen als gar keine!

«Die Pflege wird unterschätzt. Dabei ist die Langzeitpflege extrem komplex, und es braucht grosses und breites Fachwissen.»

Doris Mahler, diplomierte Pflegefachfrau

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