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Armut ist weiblich

Die Mehrheit der von Armut betroffenen Menschen in der Schweiz sind Frauen. Sie sind über 65 Jahre alt, haben mehrheitlich keinen Schweizer Pass, maximal einen Abschluss einer obligatorischen Schule und leben allein. Sie arbeiten unter prekären Bedingungen gegen schlechte Bezahlung und haben allgemein schlechtere Chancen auf dem Arbeitsmarkt.

Wer in der Schweiz eine geringqualifizierte Frau im fortgeschrittenen Alter und mit Migrationshintergrund ist, hat ein stark erhöhtes Risiko, von Sozialhilfe leben zu müssen. Wie es dazu kommt, ist klar: Frauen übernehmen aufgrund althergebrachter Rollenbilder immer noch überwiegend Familienpflichten und Sorgeverantwortung, so dass sie tendenziell weniger und weniger lange gegen Lohn arbeiten. Nach der Geburt eines Kindes ist es immer noch mit überwältigender Mehrheit die Frau, die Zuhause bleibt oder ihr Pensum reduziert. Und auch bei der Betreuung pflegebedürftiger Angehöriger sind es vorwiegend weibliche Verwandte, die diese Aufgaben übernehmen – unentgeltlich versteht sich. Diese Ausgangslage führt auch dazu, dass sie weniger in ihre Ausbildung oder Weiterbildung investieren und somit im Schnitt tiefere Bildungsabschlüsse haben als Männer. Frauen mit Migrationshintergrund haben zudem tendenziell grössere Probleme, sich im Schweizer Arbeitsmarkt zu behaupten.

Der Weg in die Armut

Wenn Frauen arbeiten, verdienen sie bei gleicher Wertschöpfung weniger als Männer: Der Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen beträgt in der Schweiz immer noch 19% – fast die Hälfte davon ohne Erklärung wie Erfahrung, Dienstalter oder ähnliches. Haben sie eine Scheidung hinter sich, fällt das meist höhere Einkommen des Partners weg. Die Summe dieser schlechten Voraussetzung in Kombination mit einem Sozialversicherungssystem, das auf hohe Vollzeitlöhne ausgerichtet ist, führt zur verbreitetsten Form von weiblicher Armut: der Altersarmut. Unsere Gesellschaft und Wirtschaft, die ohne den Einsatz der Frauen nicht funktionieren würden, danken es ihnen also mit struktureller Armut. Eine Frau ist in der Schweiz vor allem deshalb arm, weil sie eine Frau ist.

 Auf verschiedenen Ebenen ansetzen

Die Lösung für diese Probleme ist vielschichtig und verteilt sich auf verschiedene Ebenen: Arbeit und Familie müssen besser miteinander vereinbart werden können; Frauen müssen die bestmögliche Aus- und Weiterbildung absolvieren können – ungeachtet ihrer familiären Situation; Unabhängig von ihrer Herkunft müssen Frauen im Arbeitsmarkt eine Chance haben; Frauen brauchen die gleiche Beteiligung an den Gewinnen ihres Arbeitgebenden wie Männer ; Und schliesslich müssen Frauen sicher sein können, dass unsere Sozialversicherungen sie auch ausserhalb von Ehe und Partnerschaft vor Armut schützen – Unabhängig von den Männern.

All dies ist heute nicht gegeben. Für all dies müssen wir auch im Jahr 2021 in der Schweiz kämpfen und die Stimme erheben. Ich steh auf! Du auch?

Die neue Arbeiterklasse ist vornehmlich weiblich und arbeitet in der Dienstleistung. Ihre Arbeitsbedingungen sind oft prekär: Der Lohn ist tief, die Arbeitszeiten sind lang und der Druck steigt zunehmend. Dies kann sich nur ändern, wenn die Arbeitnehmerinnen aufstehen und sich für ihre Rechte einsetzen.
syna.ch/ich-steh-auf

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