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Migrantinnen im Schweizer Arbeitsmarkt: systemrelevant und mehrfach diskriminiert

Migrantinnen und Migranten werden nachweislich auf dem Schweizer Arbeitsmarkt diskriminiert. Weibliche Migrantinnen sind zudem überdurchschnittlich oft im Niedriglohnsektor beschäftigt und dort mit prekären Arbeitsverhältnissen konfrontiert. Sie sind aufgrund ihres Geschlechts, ihres Migrationshintergrunds und ihres Berufs multiplen Diskriminierungen ausgesetzt. Die Coronakrise trifft sie besonders hart – doch wieso? 

Bereits bei der Stellensuche sind Migrantinnen und Migranten, unabhängig von ihrem Bildungsstand oder Aufenthaltsstatus, mit Diskriminierung konfrontiert. Konkret werden sie aufgrund ihres Namens, ihrer Hautfarbe oder ihrer Religion von Arbeitgebenden in der Rekrutierung und/oder Beförderung anders beurteilt als gleichqualifizierte Schweizer/-innen. Sie sind deshalb oftmals gezwungen, Stellen anzunehmen, die ihrer beruflichen Qualifikation – egal ob in der Schweiz oder im Ausland erworben – nicht entsprechen. Sie werden «dequalifiziert». Für Migrantinnen kommen die zusätzlichen strukturellen Benachteiligungen aufgrund ihres Geschlechts hinzu: Als Frau erhalten sie weniger Lohn für dieselbe Arbeit, werden als (potenzielle) Mütter nicht gleichbehandelt und leisten Unmengen an Gratisarbeit. Migrantinnen sind somit im schweizerischen Arbeitsmarkt nicht selten mehrfachen Diskriminierungen ausgesetzt.

 Prekäre Arbeitsbedingungen

Diese Dequalifikation führt dazu, dass Migrantinnen überdurchschnittlich oft gezwungen sind, im Niedriglohnsektor tätig zu sein. Rund 2/3 der Stellen in der Reinigungsbranche sind durch Frauen mit Migrationshintergrund besetzt und auch in der systemrelevanten institutionellen Pflegebranche arbeiten Migrantinnen in hoher Anzahl. Die Arbeit in diesen Branchen ist in mehrerlei Hinsicht prekär: Die Arbeitsbedingungen sind gezeichnet von einem hohen Flexibilitätsanspruch, unregelmässigen Arbeitszeiten, Arbeit auf Abruf, unterdurchschnittlicher Entlöhnung und unzureichendem Gesundheitsschutz.

Ein extremes Beispiel hierfür ist die 24-Stunden Pflege- und Betreuungsarbeit in Privathaushalten, die hauptsächlich durch Migrantinnen ausgeübt wird. Sie ist gesetzlich weitgehend ungeregelt, was verschiedene Formen von Ausbeutung erleichtert und die Arbeitnehmerinnen in eine grosse Abhängigkeit bringt. Soziale Absicherung fehlt meist komplett und dem Lohndumping sind keine Grenzen gesetzt. Handelt es sich bei den Arbeitnehmerinnen um Sans-Papiers, befinden sie sich in einer kompletten rechts- und schutzfreien Situation und können sich oft über Jahre nicht aus solchen ausbeuterischen Anstellungsbedingungen befreien. 

 Stärker von der Pandemie getroffen

Wirtschaftliche Krisen wie die Coronapandemie treffen Migrantinnen in solch prekären Arbeitsverhältnissen besonders stark. Mit rechtlich ungeklärten Anstellungsbedingungen haben sie kein Recht auf Kurzarbeit, verlieren meist als erste ihre Stelle und werden anschliessend nicht oder nur unzureichend vom sozialen Sicherheitsnetz aufgefangen. Grenzschliessungen und verschärfte Reisebestimmungen erschweren die Situation für saisonale Arbeitsmigrantinnen in bereits prekären Anstellungsverhältnissen zusätzlich. Verfügen Migrantinnen zudem über einen unsicheren Aufenthaltsstatus, haben sie meist keine andere Wahl, als sich in das prekärste aller Anstellungsverhältnisse, die komplett rechtsfreie Schwarzarbeit, zu flüchten. Zusätzlich zur grundlegenden doppelten Diskriminierung als Frau und Migrantin im schweizerischen Arbeitsmarkt treffen sie die Folgen der Corona-Pandemie stärker als andere. Aufgrund ihres bereits prekären Arbeitsumfelds ist ihr Risiko auf Arbeitslosigkeit und Verarmung als „working poor" um ein Vielfaches höher.

 Anerkennung und sichere Arbeitsbedingungen für Migrant/-innen JETZT

Migrant/-innen und ausländische Arbeitnehmende leisten einen wichtigen Beitrag zur Schweizer Wirtschaft. Ohne ihren unermüdlichen Einsatz würden Bau, Gesundheitswesen und Gastgewerbe kollabieren. Die Corona-Krise hat besonders deutlich gezeigt, dass gerade der institutionelle und private Pflegebedarf unmöglich ohne Migrant/-innen gedeckt werden kann. Und dieser Bedarf an Pflegepersonen wird sich mit dem Älterwerden der Bevölkerung in Zukunft noch erhöhen.
Die Bedeutung von Migrantinnen als Arbeitnehmerinnen für die Schweiz und die mehrfachen Diskriminierungen, die sie heutzutage erfahren, müssen endlich ernst genommen und in den Fokus gerückt werden. Dafür müssen wir auch im Jahr 2021 in der Schweiz kämpfen und die Stimme erheben. Ich steh auf! Du auch?

Die neue Arbeiterklasse ist vornehmlich weiblich und arbeitet in der Dienstleistung. Ihre Arbeitsbedingungen sind oft prekär: Der Lohn ist tief, die Arbeitszeiten sind lang und der Druck steigt zunehmend. Dies kann sich nur ändern, wenn die Arbeitnehmerinnen aufstehen und sich für ihre Rechte einsetzen.
syna.ch/ich-steh-auf

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