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«Kinderbetreuung ist echte Arbeit!»

In vielen typischen Frauenberufen sind die Löhne tief und die Bedingungen häufig prekär. Einer von vielen Gründen, wieso die Frauen am 14. Juni streiken. Eine davon: Nicole, 27-jährige Hortleiterin aus Zürich.

Nicole: Wieso nimmst du am Frauen*streik teil? 

Nicole: Weil wir noch einen grossen Schritt von der Gleichberechtigung entfernt sind. Ich spüre das in vielen alltäglichen Situationen: Wenn Frauen etwas sagen, werden sie viel weniger wahr- und ernstgenommen als Männer.
Ähnlich ist es bei typischen Frauenberufen: Viele denken, dass die Kinderbetreuung ein «härziger» Job ist. Die Fürsorge wird als natürliche Eigenschaft der Frau angesehen und deshalb nicht als echte Arbeit anerkannt. Entsprechend tief sind auch die Löhne, vor allem in den Kindertagesstätten. Die Praktikantinnen bekommen ein paar hundert Franken, ohne garantierten Ausbildungsplatz. Und mit dem Sozialabbau wird immer mehr gespart.

Wie spürt ihr den Sozialabbau? 

Wir haben jetzt schon zu wenig Raum, und er wird immer knapper. Dasselbe gilt beim Betreuungspersonal, das ständig weiter abgebaut wird. Das ist ein grosser Stress und einfach unzumutbar.
Dann suchen viele Betreuungspersonen die Fehler bei sich. Vielmehr müsste man definieren, welche Betreuung man will – und diese auch bezahlen. Schliesslich geht es bei unserer Arbeit um kleine Menschenleben, um deren Unversehrtheit und persönliche Entwicklung. Das ist viel Verantwortung, die in keinem Verhältnis zum Lohn der Betreuenden steht.

Was müsste sich im Betreuungsbereich ändern? 
Es braucht einen Gesamtarbeitsvertrag, damit sich die Arbeitsbedingungen der Betreuungsfachpersonen verbessern. Für eine stärkere Anerkennung muss jedoch auch mehr Geld gesprochen werden. Denn der Sozialabbau trifft bei uns in erster Linie die Kinder – das ist ein Armutszeugnis unserer Gesellschaft.
Zudem hängt die Kinderbetreuung extrem stark mit der Gleichberechtigung zusammen: Es braucht Kindertagesstätten, damit die Frauen im Arbeitsmarkt gleichgestellt werden.

Wieso wird so selten über die Qualität der Kinderbetreuung gesprochen?
Das passt zu unserem Wirtschaftssystem: Alles muss rentieren und nützlich sein – ein kurzfristiges Denken. Das sieht man bei den privaten Tagesstätten, die auf Profit aus sind. Es ist Wahnsinn, wie die Leute dort arbeiten müssen. Es gibt zwar Kontrollen, aber viele der Frauen trauen sich nicht, ehrlich zu antworten – aus Angst, ihre Stelle zu verlieren.

Wie kann man diese Angstkultur verändern? 

Die Gewerkschaften müssen aktiver werden im Betreuungsbereich: Sie müssen aufzeigen, dass wir viele Frauen sind, dass wir uns zusammen wehren und etwas erreichen können.
Die Gruppe «Trotzphase» (weitere Infos: trotzphase.ch) ist eine wichtige Bewegung, die vor ein paar Jahren von gelernten Betreuerinnen gegründet wurde. Aber auch sie kommen nicht immer an Berufskolleginnen in privaten Kitas heran. Das zeigt das Ausmass des Problems: Die Repression ist riesig.

Was erhoffst du dir vom Frauen*streik? 

Ich denke es wird eine sehr fröhliche Zusammenkunft von Frauen. Die Männer sollen an diesem Tag die Kinderbetreuung übernehmen.
Ich glaube aber nicht, dass sich kurzfristig auf politischer Ebene konkret etwas ändern wird. Doch der Streik wird schon alleine deshalb etwas bewirken, weil im Vorfeld darüber diskutiert wird. Schliesslich betrifft es alle Frauen, von links bis rechts.

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