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Schweiz-EU: Beziehungskrise als Chance

Nach 7 Jahren Verhandlungen ist das Rahmenabkommen mit der EU gescheitert. Wie geht es jetzt mit der Beziehung Schweiz/Europa weiter? Und welche Rolle wollen und müssen die Gewerkschaften dabei spielen? 

Am 26. Mai verkündete der Bundesrat den Abbruch der Verhandlungen mit der EU über ein institutionelles Rahmenabkommen (instA). Damit endete ein siebenjähriger Versuch, der Zusammenarbeit der Schweiz mit Europa einen neuen Rahmen zu geben.

Ein Blick zurück
Seit den 1990er-Jahren regeln diverse bilaterale Verträge die wirtschaftlichen und politischen Beziehungen der Schweiz zur EU. Dazu gehören unter anderem Abkommen zur Personenfreizügigkeit und damit verbundene Flankierende Massnahmen für den Lohnschutz (FlaM). Um übergreifende Fragen zu klären und bei Gesetzesanpassungen nicht jeden Vertrag einzeln nachverhandeln zu müssen, kam die Forderung nach einem Rahmenabkommen über die wichtigsten Verträge auf. 2018 lag ein erster Entwurf für das Abkommen vor. Doch dieser forderte Zugeständnisse von der Schweiz, die sie weder machen konnte noch wollte.

Im Sommer 2018 kam es beinahe zum Eklat: Die beiden FDP-Bundesräte Cassis und Schneider-Ammann wollten den Schutz von Lohn und guten Arbeitsbedingungen in der Schweiz zugunsten eines freien Marktzugangs der Unternehmen opfern! Die Gewerkschaften stellten unmissverständlich klar: Der Lohnschutz ist eine rote Linie, die nicht überschritten werden darf! Der Bundesrat kehrte daraufhin zu seiner ursprünglichen Haltung zurück. Er erklärte den Lohnschutz als nicht verhandelbar, genauso wie weitere Forderungen der EU. Ein Scheitern des Rahmenabkommens zeichnete sich langsam, aber sicher ab. 

Unsere Position 

Für Syna ist klar: Der Lohnschutz darf auf keinen Fall fallen. Aus dieser Sicht war der Abbruch der Verhandlungen das einzig Richtige. Damit dürfen die Beziehungen zu Europa aber keineswegs beendet werden! Vielmehr gilt es jetzt, gemeinsam auf ein sozial fortschrittliches Europa hinzuarbeiten, das die Rechte der Arbeitnehmenden stärkt und soziale Ungleichheit vermindert.

So kann es jetzt weitergehen 

Die Schweizer Gewerkschaften haben in einer gemeinsamen Erklärung festgelegt, wie dieser Weg mit Europa aussehen soll. Sie fordern unter anderem: 

Soziale Säule der Zusammenarbeit stärken 

Die EU hat 2017 Grundsätze einer «Europäischen Säule sozialer Rechte» beschlossen. Diese arbeitsrechtlichen Grundregeln muss auch die Schweiz einhalten. Dies gilt insbesondere für bessere Bedingungen bei Arbeitsverträgen, Durchsetzung von Lohngleichheit, eine Elternzeit, Stärkung der Gesamtarbeitsverträge oder Mitbestimmungsrechte in Unternehmen.

Solidaritätsbeitrag der Schweiz an EU-Länder verstärken

Die Schweiz ist ein wohlhabendes Land und profitiert von den wirtschaftlichen Beziehungen zu Europa. Darum muss sie dazu beitragen, das Wohlstandsgefälle in Europa zu mildern. So sollen sich ärmere Regionen in Europa entwickeln können, ohne auf einen Wettbewerbsvorteil durch niedrige Lohnkosten setzen zu müssen. 

Gleiche soziale Rechte für EU-Bürger/-innen, die in der Schweiz arbeiten und leben 

Die Einführung der Personenfreizügigkeit verbunden mit starken Arbeitsrechten und Lohnschutz ist eine Erfolgsgeschichte. Diese wollen wir fortsetzen, indem wir die Aufenthaltssicherheit, die soziale Absicherung und das Recht auf Familienzusammenführung von EU-Bürger/-innen in der Schweiz stärken.

Die Vision 

Wir wollen ein Europa, in dem die Schweiz keine Aussenseiterrolle spielt, sondern mitgestaltet und seinen sozialen Beitrag leistet. In diesem Sinne ist der Abbruch der Verhandlungen mit der EU kein Scheitern, sondern eine Chance auf einen konstruktiven Neuanfang, in dem die soziale Gerechtigkeit ein stärkeres Gewicht erhält. 

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