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Die Teilzeitfalle

Männer sind die Ernährer der Familie, arbeiten deshalb Vollzeit und brauchen dafür einen hohen Lohn. Frauen kümmern sich um Haushalt und Kinder und haben keine Zeit zum arbeiten. Gehen sie trotzdem bezahlter Arbeit nach, dann wegen Haushalt und Kindern nur Teilzeit und eigentlich auch nur zum Spass oder um sich ein «Sackgeld» dazuzuverdienen. Es muss nämlich keine Frau arbeiten, weil ja der Mann arbeitet.

Auch wenn diese Aussagen im Jahr 2021 zum Glück etwas komisch anmuten – Fakt ist: Die Organisation der Arbeit, die Gesellschafts- und Familienpolitik sowie das Sozialversicherungssystem der Schweiz basieren noch immer auf ebendiesen Annahmen. Diese göttliche Ordnung haben die Männer einst für sich geschaffen – und sie verteidigen sie mit aller Kraft. Die grossen Verliererinnen dabei sind noch heute die Frauen.

Ja nicht aus der Rolle fallen

Solange eine Frau verheiratet ist und das alte Rollenmuster lebt, ist sie in unserer Gesellschaft sicher. Doch sobald sie dieses Muster verlässt, beginnen die Probleme. Vor allem bei geringer beruflicher Qualifikation wird sie sich dann gezwungen sehen, in einer Branche zu arbeiten, in der die Löhne tief sind. Wenn sie dann allenfalls noch Kinder oder Angehörige zu betreuen hat, wird sie dazu wahrscheinlich auch noch Teilzeit arbeiten und mit dem Bruchteil eines ohnehin schon tiefen Lohnes leben müssen. Die Folgen davon sind verheerend: Sie bedeuten Armut bis zum Lebensende.

Einseitiges System

Schuld an diesem Zustand ist das System: Zum einen stehen in der Schweiz keine flächendeckenden und bezahlbaren Betreuungsstrukturen zur Verfügung. Teilzeitarbeit ist also praktisch zwingend für mindestens ein Elternteil – meist die Mutter. Zum anderen werden die Frauen weniger an den Gewinnen, die sie erarbeiten, beteiligt als die Männer. Dies, obwohl weite Teile unserer Volkswirtschaft auf der Arbeitsleistung von Frauen basieren und ungeachtet der Tatsache, dass in diesen Bereichen die Wertschöpfung nicht geringer ist als anderswo. Die Folge dieser Ausbeutung sind Tieflöhne. Alle Sozialversicherungen, insbesondere die AHV und die berufliche Vorsorge, hängen aber direkt von der Lohnhöhe ab. Das heisst: ein tiefer Lohn bedeutet unweigerlich eine tiefe Rente. Teilzeit und Tieflohn sind somit ein toxischer Mix.

Die neue Arbeiterklasse ist vornehmlich weiblich und arbeitet in der Dienstleistung. Ihre Arbeitsbedingungen sind oft prekär: Der Lohn ist tief, die Arbeitszeiten sind lang und der Druck steigt zunehmend. Dies kann sich nur ändern, wenn die Arbeitnehmerinnen aufstehen und sich für ihre Rechte einsetzen.
syna.ch/ich-steh-auf

 Vor Armut schützen statt sie zu produzieren

Frauen sind in der Schweiz strukturell benachteiligt, einfach weil sie Frauen sind. Die Lösungen dafür liegen auf der Hand: Wir brauchen flächendeckende und bezahlbare familienexterne Betreuungsstrukturen (in denen nicht nur Frauen in Teilzeit und mit Tieflöhnen arbeiten). Wir brauchen höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen in den betroffenen Branchen, weil die Arbeitsleistung der Frauen gleich viel wert ist wie die der Männer. Wir brauchen ein Sozialversicherungssystem, das vor Armut schützt und nicht Armut produziert.

Für all das brauchen wir Frauen, die kämpfen, ihre Stimme erheben und zeigen: Ich steh auf! Du auch?

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