Die Mehrheit der von Armut betroffenen Menschen in der Schweiz sind Frauen. Sie sind über 65 Jahre alt, haben mehrheitlich keinen Schweizer Pass, maximal einen Abschluss einer obligatorischen Schule und leben allein. Sie arbeiten unter prekären Bedingungen gegen schlechte Bezahlung und haben allgemein schlechtere Chancen auf dem Arbeitsmarkt.
Männer sind die Ernährer der Familie, arbeiten deshalb Vollzeit und brauchen dafür einen hohen Lohn. Frauen kümmern sich um Haushalt und Kinder und haben keine Zeit zum arbeiten. Gehen sie trotzdem bezahlter Arbeit nach, dann wegen Haushalt und Kindern nur Teilzeit und eigentlich auch nur zum Spass oder um sich ein «Sackgeld» dazuzuverdienen. Es muss nämlich keine Frau arbeiten, weil ja der Mann arbeitet.
Ein dreizehnter Monatslohn, gesicherte Pausenzeiten, ein Wochenarbeitsplan oder ein Lohn, der zum Leben reicht. Für viele Arbeitnehmende im Dienstleistungssektor sind das keine Selbstverständlichkeiten, sondern reine Utopie. Hunderttausende mehrheitlich weibliche Angestellte sind heute in solchen prekären Arbeitsbedingungen gefangen.
Ein Kampftag für die Rechte der Arbeitnehmenden auf der Wohlstandsinsel Schweiz? Uns geht es hier doch allen gut! Wirklich? Uns allen? Prekäre Arbeitsbedingungen betreffen hunderttausende von Arbeitnehmenden in der Schweiz. Sie sind Ausdruck und Folge tief verankerter Probleme, die offen gelegt und bekämpft werden müssen. Darauf legt Syna am 1. Mai 2021 ihren Fokus.
Die Gewerkschaften Syna und Unia sowie der Branchenverband Coiffure Suisse freuen sich, dass der Bundesrat den GAV für das Coiffeurgewerbe allgemeinverbindlich erklärt hat. Damit wird der Schutz der Arbeitsbedingungen in der Branche lückenlos fortgesetzt. Der neue GAV tritt am 1. Januar 2021 in Kraft und sieht ab 2022 eine Erhöhung der Mindestlöhne für Mitarbeitende ab dem 5. Berufsjahr vor.
Die Teilnehmenden der Branchenkonferenz zeigten sich einverstanden, den bestehenden Gesamtarbeitsvertrag (GAV) bis Ende 2022 zu verlängern. Und sie waren sich einig: Oberste Priorität muss die Einführung des 13. Monatslohns bleiben. Dass dieser nach wie vor fehlt, ist eine Schande für die Branche.
Empathie und Menschlichkeit stehen für Juan Barahona, Zentralsekretär bei Syna, im Zentrum seiner Arbeit. Weshalb man zwischendurch aber auch auf den Tisch hauen muss, erzählt er uns im Interview.
Als eines der ersten, die wieder öffnen durften, trägt das Coiffeurgewerbe grosse Verantwortung und wird genau beobachtet. Das strikte Einhalten und gar Verstärken des Schutzkonzepts bleibt Schlüssel zum langfristigen Erfolg.
Während der ersten Woche der Wiedereröffnung haben wir einige beunruhigende Feststellungen gemacht, die bestätigen, was Syna fordert: Es braucht deutlich mehr Kontrollen, und das Personal muss vollumfänglich über die Schutzmassnahmen informiert werden.