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Prekäre Arbeitsbedingungen beenden

Ein dreizehnter Monatslohn, gesicherte Pausenzeiten, ein Wochenarbeitsplan oder ein Lohn, der zum Leben reicht. Für viele Arbeitnehmende im Dienstleistungssektor sind das keine Selbstverständlichkeiten, sondern reine Utopie. Hunderttausende mehrheitlich weibliche Angestellte sind heute in solchen prekären Arbeitsbedingungen gefangen.

Mehr als 75% der Arbeitnehmenden arbeiten heute im Dienstleistungssektor – und die Tendenz steigt weiter. Innerhalb dieses Sektors sind prekäre Arbeitsbedingungen besonders verbreitet und betreffen unter anderen den Detailhandel, die Reinigungsbranche, das Gast- und Coiffeurgewerbe, aber auch das Gesundheitswesen. Prekäre Arbeitsbedingungen haben sich also genau in den Branchen verbreitet, in denen mehrheitlich Frauen arbeiten.

Ist das Zufall?

Es gibt viele Gründe, die zur heutigen Situation geführt und sie manifestiert haben. Anders als noch vor 50 Jahren sind Frauen heute im Arbeitsmarkt sehr präsent. Erst in den vergangenen Jahrzehnten sind sie zunehmend in den Arbeitsmarkt eingestiegen. Dies geschah schrittweise und ursprünglich v.a. über Hilfstätigkeiten, den Verkauf oder soziale Berufe – alles klassische Tätigkeiten im Dienstleistungssektor. Eine Tätigkeit in Vollzeit auszuführen oder ein Gehalt zu erhalten, mit dem man eine ganze Familie ernähren könnte, waren lange Zeit die Ausnahme und bleiben auch heute für viele Frauen unerreicht.

Auch heute arbeiten vor allem Frauen Teilzeit. Ein Teilzeitpensum schmälert nicht nur Weiterbildungs- und Aufstiegschancen, sondern führt auch zu Lohnungleichheiten und Unterbezahlung. Teilzeitarbeit sollte eigentlich eine Option für Frauen und Männer sein, doch heute ist sie im Dienstleistungssektor v.a. eine Zugangsbeschränkung zu einem besseren Lohn für Frauen. Die heutige Organisation der Arbeit, ebenso wie die Gesellschafts- und Familienpolitik leitet sich aus ihrer Geschichte ab und hat sie bis heute noch nicht überwunden.

Was folgt daraus?

Die schwerwiegenden Folgen jahrzehntelanger Teilzeitarbeit oder Unterbezahlung werden häufig erst im Alter sichtbar, weil unsere rückwärtsgewandten Sozialsysteme genau diese Menschen unzureichend unterstützen. Ein Arbeitsmarkt und dessen soziale Sicherungssysteme, der auf (männliche) Alleinverdiener ausgerichtet ist, benachteiligt alle diejenigen, die nicht in althergebrachten Familien-Modellen leben. Egal ob alleinerziehend oder geschieden, Armut in der Schweiz ist heute vor allem eines: weiblich! 

Der geringe Wert, der diesen Berufen im Vergleich zu männlich dominierten Branchen beigemessen wird, ist ein weiterer Hinderungsgrund für eine grundlegende Verbesserung der Arbeitsbedingungen in den betroffenen Branchen. Dies gilt auch für soziale Berufe. Aber auch die grundlegenden Einstellungen, Stereotypen und gesellschaftlichen Zwänge führen zur permanenten Abwertung vieler Berufe im Dienstleistungssektor oder der Frauen, die sie ausüben. Frauen in diesen Branchen müssen sich gegen strukturelle Ungleichbehandlung ebenso zur Wehr setzen, wie gegen gesellschaftliche Klischees und Vorstellungen. Sind diese Frauen dann auch noch Migrantinnen, bekommen sie die Diskriminierungen gleich auf mehreren Ebenen zu spüren – auf Grund ihres Geschlechts, ihrer Herkunft oder Religion.

Die neue Arbeiterklasse ist vornehmlich weiblich und arbeitet in der Dienstleistung. Ihre Arbeitsbedingungen sind oft prekär: Der Lohn ist tief, die Arbeitszeiten sind lang und der Druck steigt zunehmend. Dies kann sich nur ändern, wenn die Arbeitnehmerinnen aufstehen und sich für ihre Rechte einsetzen.

syna.ch/ich-steh-auf

 Und jetzt?

 Als wäre das alles nicht schon genug, wirkt sich die Corona-Pandemie besonders verheerend auf Angestellte in prekären Arbeitsverhältnissen aus und verstärkt die sozialen Ungleichheiten. Zehntausende von Arbeitnehmenden sind von Stellenverlust und Kurzarbeit betroffen und ein Ende ist noch nicht absehbar. Damit verbundene finanzielle Einbussen sind besonders für Menschen mit tiefen Einkommen kaum verkraftbar. Sie treiben ganze Familien in die Abhängigkeit von Sozialhilfe oder machen sie zu sogenannten «working poor».

Es ist höchste Zeit, dieser Dauerprekarisierung endlich ein Ende zu setzen. Deshalb...
  • müssen soziale Berufe und unbezahlte Care-Arbeit endlich aufgewertet werden, 
  • muss die finanzielle Absicherung von Frauen endlich mit Priorität behandelt werden, 
  • müssen flächendeckende und bezahlbare familienexterne Betreuungsstrukturen geschaffen werden,
  • muss das Sozialversicherungssystem vor Armut schützen und sie nicht produzieren,
  • müssen Gesamtarbeitsverträge ausgeweitet und bessere Mindestlöhne festgesetzt werden,
  • muss gleicher Lohn für gleiche Arbeit endlich Realität werden. 
Für all dies müssen wir kämpfen und zusammen die Stimme erheben: Ich steh auf! Du auch?

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